Was sind Parteien?

Grün, Schwarz, Rot, Gelb, Blau ... Wenn wir vor Wahlkämpfen diese Farben hören, dann sind damit bestimmte Parteien gemeint. Parteien sind ein elementarer Bestandteil unserer Demokratie und sogar im Grundgesetz verankert. Was genau sind Parteien und wie sieht die Parteienlandschaft in Baden-Württemberg aus?

Kurz & knapp: Was sind Parteien?

Was sind Parteien?
Parteien sind eine wichtige Form der politischen Partizipation. Sie sind organisierte Zusammenschlüsse von Bürgerinnen und Bürgern, die gemeinsame Interessen und gemeinsame politische Ziele haben – und sie wollen politische Mitsprache erreichen, um diese Ziele zu verwirklichen. Dazu versuchen sie, Führungspositionen in staatlichen und anderen Institutionen zu erlangen. Weil Parteiziele in aller Regel thematisch recht breit gelagert sind, unterscheiden sich Parteien dadurch zum Beispiel von Bürgerinitiativen, die eher monothematisch ausgerichtet sind. Darüber hinaus sind Parteien längerfristige Zusammenschlüsse mit festen Organisationsformen. Sie sind auch zur innerparteilichen Demokratie verpflichtet.

Was wollen Parteien erreichen?
Parteien möchten in Wahlen politische Macht in Parlamenten und Regierungen gewinnen. Sie möchten Ämter bekommen oder in der Opposition Politik betreiben. Denn erst dann können sie ihre politischen Ziele verwirklichen.

Welche Rolle spielen Wahlen für Parteien?
In Wahlen erhalten Parteien und ihre Kandidatinnen und Kandidaten von den Wahlberechtigten die Legitimation, also die „Erlaubnis auf Zeit“, ihre politischen Vorstellungen umzusetzen. Je mehr Stimmen Parteien bekommen, desto größer ist ihr politischer Einfluss.

Welche Parteien regieren?
Wenn Parteien die Mehrheit erhalten oder sich zu einer Koalition zusammenschließen, können sie regieren. Dann haben sie befristet die politische Macht und tragen eine große Verantwortung. Werden Sie dieser Verantwortung nicht gerecht und sind die Wählerinnen und Wähler unzufrieden, können sie bei der nächsten Wahl die Macht wieder verlieren. Allerdings gibt es in der Bundesrepublik Deutschland auch viele Vorkehrungen, die dafür sorgen, dass diejenigen, die die politische Macht haben, nicht alles tun können, was sie wollen. Vielmehr sorgen ´die Justiz, der Föderalismus und vieles andere dafür, dass auch Minderheiten und deren Meinungen geschützt und beachtet werden.

Vertreten Parteien die Interessen aller Bürgerinnen und Bürger?
Nein, Parteien sind nicht das Volk. Nur etwa 1,5 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland engagieren sich in Parteien (Stand 2020, Quelle: www.faz.net). Aber Parteien versuchen, bei Wahlen das Vertrauen möglichst vieler Menschen zu gewinnen, um als Stellvertreterinnen des Volkes in den Parlamenten zu entscheiden.

Welche Aufgaben haben Parteien?

  • Parteien bündel und formulieren Interessen und Meinungen ihrer Mitglieder sowie ihrer Wählerinnen und Wähler. Sie nehemn damit Einfluss auf die öffentliche Meinung.
  • Parteien fördern die Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern am politischen Leben. Sie befähigen Menschen, öffentliche Verantwortung zu übernehmen.
  • Parteien sind vielfach die Verbindung zwischen dem Staat auf der einen und den Bürgerinnen und Bürgern auf der anderen Seite: die Bürgerinnen und Bürger bringen über Parteien ihre Interessen gegenüber staatlichen Institutionen zum Ausdruck; andererseits informieren Parteien ihre Anhängerinnen und Anhänger (auch über die Medien) über staatliche Entscheidungen und ZIele.
  • Parteien entwickeln kurzfristige und längerfristige (Grundsatz-)Programme über ihre Ziele.
  • Parteien rekrutieren Personal und stellen bei Wahlen Kandidatinnen und Kandidaten auf, um politische Ämter besetzen zu können. Sie beteiligen sich bei Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden sowie auf europäischer Ebene. Dazu stellen sie Bewerberinnen und Bewerber auf.
  • Parteien nehmen Einfluss auf Parlament und Regierung, wo sie mit ihren Fraktionen Mehrheiten bilden oder organisieren und damit beispielsweise Regierungen wählen und Gesetze verabschieden.
  • Nach Artikel 21 des bundesdeutschen Grundgesetzes muss die innere Organisation einer Partei demokratischen Grundsätzen entsprechen.

In der Bundesrepublik Deutschland regelt das Parteiengesetz die Aufgaben, Rechte und Pflichten von Parteien.

BMJ: Parteiengesetz

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Welche Aufgaben und Funktionen haben Parteien?

  1. Parteien artikulieren die Interessen der Bürgerinnen und Bürger.
    Sie nehmen ihre Wünsche und Bedürfnisse auf und bringen diese in die Politik ein. Parteien sind dadurch ein wesentlicher Teil des demokratischen Meinungsbildungsprozesses. Darüber hinaus bündeln Parteien den gesellschaftlichen Meinungspluralismus und formen so einen gemeinsamen Willen größerer Teile der Bürgerschaft.
     
  2. Parteien haben eine Sozialisations- und Mobilisierungsfunktion.
    Hier werden Landesverbände und ihre lokalen Gliederungen in besonderer Weise aktiv, denn sie bieten ihren Mitgliedern und Anhängern die Möglichkeit zur unmittelbaren Mitarbeit. Aber auch durch politische Informationsveranstaltungen und Öffentlichkeitsarbeit vor Ort binden die Parteien die Bürgerinnen und Bürger in das politische System ein. Parteien sind damit ein unerlässlicher Teil der sozialen und politischen Integration. Damit verbunden ist die Mobilisierung der aktiven Mitgliederschaft, aber auch der Wählerschaft. Wahlkampf – egal auf welcher politischen Ebene – ist ohne die Landesverbände und ihre lokalen Gliederungen nicht denkbar.
     
  3. Parteien stellen politisches Personal zur Verfügung.
    Auf allen Ebenen des politischen Systems stellen Parteien Personal für die verschiedensten Wahlämter in Parlamenten, Regierungen und Verwaltungen. Faktisch besitzen sie ein Monopol für die Entsendung von Vertretern in die Parlamente auf Landes- und Bundesebene. Parteilose Bewerberinnen oder Bewerber schaffen es nur ausgesprochen selten in den Bundestag oder in einen der Landtage. Bei der Rekrutierungsfunktion kommt den Landesparteien eine besondere Rolle zu, denn größtenteils verläuft dieser Prozess von „unten nach oben“. Der größte Teil der Prominenten in der Bundespolitik hat in der Landespolitik Erfahrungen gesammelt.
     
  4. Parteien haben eine Regierungsbildungsfunktion.
    Ohne Parteien, die als Mittler und Bindeglied zwischen Staat und Gesellschaft, zwischen Wählerwünschen und den politischen Entscheidungsebenen fungieren, wäre die Bildung legitimer und mehrheitsfähiger Regierungen nicht zu realisieren. Dieser Funktion werden Parteien sowohl auf der Landes- als auch auf der Bundesebene gerecht.
    Darin liegt auch eines der großen Innovationspotenziale der Landesparteien, denn sie können auf ihrer politischen Ebene Koalitionen „ausprobieren“, die – sofern sie sich als erfolgreich erwiesen haben – durchaus auch Pilotcharakter für den Bund haben können. Landesparteien geben damit auch Impulse für das gesamte deutsche Parteiensystem. Der bundesweite Wandel vom Vier- zum Fünf- oder gar Sechsparteiensystem und die damit verbundenen neuen Koalitionsmöglichkeiten zeigen dies.

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Parteien in der Vertrauenskrise?

Bei nicht wenigen Bürgerinnen und Bürgern stehen Parteien in schlechtem Ansehen. Fragen die Meinungsforschungsinstitute, welchen Institutionen man vertraue, dann landen Parteien häufig auf den hinteren Plätzen.

Die Parteien befinden sich, so die Meinung vieler Fachleute, in einer Glaubwürdigkeitskrise. Das Missverhältnis zwischen Machtanspruch und vermeintlicher Problemlösungskompetenz sorgt für Mitgliederschwund und immer wieder auch für sinkende Wahlbeteiligung. Nur: Im Rahmen der deutschen Parlaments- und Demokratiegeschichte hat es immer schon so etwas wie Politik- oder Politikerverdrossenheit gegeben. Der Satz „Die da oben machen sowieso, was sie wollen“ ist nicht wirklich neu.

Trotz der vielfältigen Möglichkeiten, sich in der Bundesrepublik Deutschland direktdemokratisch einzubringen: Ohne Parteien geht es nicht. Vor allem zwei Gründe sind dafür ausschlaggebend:

  • In der modernen Gesellschaft, in der die Staatsgewalt vom Volk ausgeht, bedarf es vermittelnder Institutionen, die die Verbindung zwischen Volk und Staat herstellen.
  • Ein Mehrparteiensystem ist notwendig, um die Gefahr einer Monopolherrschaft zu bannen, um Machtausübung zeitlich zu befristen und um den jeweils Regierenden personell und inhaltlich eine Alternative gegenüberzustellen.

Mittels der Elemente der direkten Demokratie durch Volksbefragung, Volksbegehren und Volksentscheide kann der Wille der Wählerinnen und Wähler allerdings auch ohne die Filter der Parteien unmittelbar zum Ausdruck gebracht werden.

Auf kommunaler und auf Länderebene ist direkte Demokratie inzwischen alltägliche Praxis, auf der Ebene des Bundes bisher nicht. In den Gemeinden und Bundesländern kommt es immer wieder zu Volksbegehren, über deren Ergebnisse die Gemeindevertretungen oder Landesparlamente abzustimmen haben. Volksentscheide werden vorwiegend auf kommunaler, zunehemend aber auch auf Ebene der Länder praktiziert.

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Parteien sind im Grundgesetz verankert

Damit hebt das Grundgesetz die Parteien in den Rang verfassungsrechtlicher Institutionen. Aufgrund ihrer Aufgabenfülle und ihrer starken Stellung in der Bundesrepublik wird oft – zum Teil auch kritisch – vom deutschen „Parteienstaat“ bzw. einer „Parteiendemokratie“ gesprochen.

Gleichzeitig müssen Parteien aber auch bestimmten Vorgaben entsprechen, um ihrer Rolle gerecht zu werden. Parteien müssen innerparteilich demokratisch organisiert sein. Und Parteien, die „nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen“ (Artikel 21 Absatz 2 Grundgesetz), können vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig erklärt und damit verboten werden. Diese hohe verfassungsrechtliche Hürde wurde beispielsweise 1952 übersprungen, als die Sozialistische Reichspartei (SRP) verboten wurde. 1956 folgte das Verbot der Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).

Artikel 21 Grundgesetz

(1) Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre Gründung ist frei. Ihre innere Ordnung muß demokratischen Grundsätzen entsprechen. Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben.

(2) Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, sind verfassungswidrig.

(...)

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Was steht im Parteiengesetz?

PartG § 1 Verfassungsrechtliche Stellung und Aufgaben der Parteien

  • Die Parteien sind ein verfassungsrechtlich notwendiger Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Sie erfüllen mit ihrer freien, dauernden Mitwirkung an der politischen Willensbildung des Volkes eine ihnen nach dem Grundgesetz obliegende und von ihm verbürgte öffentliche Aufgabe.
  • Die Parteien wirken an der Bildung des politischen Willens des Volkes auf allen Gebieten des öffentlichen Lebens mit, indem sie insbesondere auf die Gestaltung der öffentlichen Meinung Einfluß nehmen, die politische Bildung anregen und vertiefen, die aktive Teilnahme der Bürger am politischen Leben fördern, zur Übernahme öffentlicher Verantwortung befähigte Bürger heranbilden, sich durch Aufstellung von Bewerbern an den Wahlen in Bund, Ländern und Gemeinden beteiligen, auf die politische Entwicklung in Parlament und Regierung Einfluß nehmen, die von ihnen erarbeiteten politischen Ziele in den Prozeß der staatlichen Willensbildung einführen und für eine ständige lebendige Verbindung zwischen dem Volk und den Staatsorganen sorgen.
  • Die Parteien legen ihre Ziele in politischen Programmen nieder.
  • Die Parteien verwenden ihre Mittel ausschließlich für die ihnen nach dem Grundgesetz und diesem Gesetz obliegenden Aufgaben.

BMJ: Parteiengesetz

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Wie entsteht eine Partei?

Nach dem Grundgesetz steht es allen Bürgerinnen und Bürgern frei, eine Partei zu gründen (Art. 21 GG). Ihr Aufbau muss allerdings demokratischen Grundsätzen entsprechen, und sie muss öffentlich Rechenschaft geben, woher ihre Geldmittel kommen.

Eine Partei entsteht durch Gründung. Die Hinterlegung der Unterlagen in der beim Bundeswahlleiter geführten Sammlung hat für eine Partei weder konstitutive Wirkung noch werden durch diese Hinterlegung Rechte für die Partei begründet. Auch erfolgt durch die Aufnahme in die beim Bundeswahlleiter geführte Sammlung nicht automatisch die Anerkennung als Partei.

Die Anmeldung und Zulassung einer Partei zu Bundestagswahlen richtet sich nach den Vorschriften der Wahlgesetze des Bundes (Bundeswahlgesetz und Bundeswahlordnung) und der Länder. Die Entscheidung, ob eine politische Vereinigung als „Partei“ im Sinne von § 2 des Parteiengesetzes anzuerkennen ist, trifft z. B. bei der Zulassung zu Bundestags- bzw. Landtagswahlen der Bundeswahlausschuss bzw. der zuständige Landeswahlausschuss, bei der Entscheidung über die Abzugsfähigkeit von Spenden die zuständige Finanzbehörde.

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Parteiensystem in Baden-Württemberg

Für das Parteiensystem Baden-Württembergs ist charakteristisch:

  • die langjährige Dominanz der CDU bis 2011,
  • frühe Wahlerfolge der Grünen, die seit 1980 im Landtag sind und seit 2011 den Regierungschef stellen,
  • die im Bundesvergleich zu beobachtende relative Schwäche der SPD,
  • eine vergleichsweise starke FDP (Baden-Württemberg gilt als „Stammland der Liberalen“).

Von Dr. Reinhold Maier (FDP/DVP), dem ersten Ministerpräsidenten, abgesehen, der eine Koalition gegen die CDU aus FDP/DVP, SPD und GB/BHE zustande gebracht hatte (1952/53), gehörten von 1953 bis 2011 alle Ministerpräsidenten der CDU an:

  • Dr. Gebhard Müller (1953–1958)
  • Dr. Kurt Georg Kiesinger (1958–1966)
  • Dr. Hans Filbinger (1966–1978)
  • Lothar Späth (1978–1991)
  • Erwin Teufel (1991–2005)
  • Günther H. Oettinger (2005–2009)
  • Stefan Mappus (2010–2011).

Von 1972 bis 1992 konnte die CDU sogar mit absoluter Mehrheit allein regieren. 1966 bis 1972 und dann wieder von 1996 bis 2001 wurde das Land von einer Großen Koalition aus CDU und SPD regiert, ansonsten regierte die CDU mit der FDP/DVP.

Erstmals gelang es Grün-Rot 2011, einen echten Regierungswechsel und herbeizuführen und die CDU auf die Oppositionsbänke zu verweisen. Mit Winfried Kretschmann stellen die Grünen in Baden-Württemberg erstmals einen Ministerpräsidenten in einem der deutschen Länder. Seit 2016 wird das Land von einer Koalition aus Grünen und CDU regiert.

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Letzte Aktualisierung: Oktober 2020, Internetredaktion der LpB BW

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