Koalitionsverhandlungen

zwischen Grünen und CDU Baden-Württemberg

Nach dem Sieg bei der Landtagswahl 2021 hatten die Grünen die Wahl und konnten sich entscheiden: entweder für eine Neuauflage der bisherigen grün-schwarzen Koalition oder für eine Ampelkoalition mit SPD und FDP. Nach den Sondierungsgeprächen zur Bildung einer Koalition fiel die Wahl der Grünen auf den bisherigen Regierungspartner: die CDU. In den kommenden Wochen gilt es, Koalitionsverhandlungen zu führen und einen Koalitionsvertrag zu erarbeiten. 

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Koalitionsgespräche

Die Weichen für eine neue grün-schwarze Koalition sind gestellt: Grüne und CDU haben sich am Samstag, 3. April 2021, auf ein gemeinsames Papier als Grundlage für eine künftige Regierung geeinigt und wollen bald in Koalitionsverhandlungen treten. Das Grünen-Team um Ministerpräsident Winfried Kretschmann konnte mit der CDU-Führung um Thomas Strobl in Stuttgart bei einem finalen Sondierungsgespräch eine Einigung erzielen.

Sie wollen Baden-Württemberg zum „Klimaschutzland“ machen, heißt es in dem Sondierungspapier. Das zweitwichtigste Thema sei der wirtschaftliche Strukturwandel hin zu Digitalisierung und Dekarbonisierung. Drittens ginge es in der nächsten Legislaturperiode darum, den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken und die Demokratie gegen Populismus und autoritäres Denken zu verteidigen. (Quelle: swr.de)

Die Koalitionsverhandlungen sollen nach Ostern 2021 beginnen. Über das Ergebnis wollen Grüne und CDU schließlich bei separaten Landesparteitagen am 8. Mai abstimmen. 

Grüne und CDU stellen Koalitionsvertrag vor

Bündnis 90/Die Grünen und die CDU haben beschlossen, gemeinsam die neue Regierung in Baden-Württemberg zu bilden. Nach dreiwöchigen Verhandlungen haben Grüne und CDU in Baden-Württemberg am 5. Mai 2021 ihren Koalitionsvertrag präsentiert. Der Titel: „Jetzt für Morgen. Der Erneuerungsvertrag für Baden-Württemberg“.

Was steht im Koalitionsvertrag?

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Grün-schwarze Schnittmengen in Baden-Württemberg

Bis Anfang Mai wollen sich Grüne und CDU auf einen Koalitionsvertrag geeinigt haben. Aber wo liegen die programmatischen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Grünen und der CDU? Wo könnte es zu Konflikten kommen?

Wir vergleichen die Positionen der beiden Verhandlungspartner zu wichtigen Themen wie Wirtschaft, Bildung, Klima und Corona anhand der Parteiprogramme für die Landtagswahl.

 

Bildung und Erziehung

Gemeinsamkeiten
Grüne und CDU möchten beide das Angebot an Krippen- und Kindergartenplätzen quantitativ weiter ausbauen und qualitativ optimieren. Die Ausstattung an Schulen wollen beide Parteien verbessern und insbesondere in die Digitalisierung massiv investieren. Die Parteien sind sich einig, dass es mehr qualifiziertes pädagogisches Personal brauche und die Fortbildungsmöglichkeiten vor allem für Lehrkräfte ausgebaut werden müssen. Auch Themen wie frühkindliche Bildung, Ausbau der Ganztagsbetreuung in Kita und Schule oder lebenslanges Lernen finden sich in beiden Wahlprogrammen.

Mögliche Konflikte
Ein Konfliktpunkt ist die verbindliche Grundschulempfehlung, die die CDU wieder einführen möchte, während die Grünen diese ablehnen. Beim Thema Inklusion gehen die Grünen weiter als die CDU: Während die Grünen fordern, dass sich alle Schulen für Inklusion öffnen müssten, möchte die CDU lediglich, dass Eltern von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf die Wahl zwischen einer allgemeinen Schule und einem sonderpädagogischen Bildungszentrum haben.

Mit der Einführung eines „Landesfamiliengeldes Baden-Württemberg“, das unabhängig vom Einkommen, der Erwerbstätigkeit und der Art der Betreuung bezahlt werden solle, möchte die CDU zukünftig den Familien in Baden-Württemberg direkt unter die Arme greifen. Die Grünen dagegen sprechen sich für die Einführung von einkommensabhängigen Kita-Gebühren aus.

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Corona und Finanzen

Gemeinsamkeiten
Für beide Parteien war die Neuverschuldung zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise notwendig und richtig. Nach der Pandemie möchten Grüne und CDU gleichermaßen die aufgenommenen Schulden Schritt für Schritt wieder abbauen. Beide haben sich klar zur Schuldenbremse bekannt.

Mögliche Konflikte
Nach dem Willen der Grünen soll auch die Finanzpolitik künftig konsequent an Nachhaltigkeit und Klimaschutz ausgerichtet werden. So sollen alle finanzpolitischen Entscheidungen und Haushaltsposten auf ihre Vereinbarkeit mit dem 1,5-Grad-Ziel und dem Artenschutz hin überprüft werden. Die Grünen setzen auf die „grüne Null“. Dass die CDU hier in allen Punkten mitgehen wird, ist eher unwahrscheinlich. Außerdem lehnt die CDU Steuererhöhungen auch für die Zukunft ab, während die Grünen lediglich von Steuergerechtigkeit sprechen.

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Digitalisierung

Gemeinsamkeiten
Nach dem Klimaschutz steht die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft als zweitwichtigstes Thema auf der Agenda von Grünen und CDU für die kommende Legislaturperiode. Beide Parteien sprechen sich für den zügigen Ausbau eines flächendeckenden Breitbandnetzes aus. Auch die Förderung von Zukunftstechnologien wie Künstlicher Intelligenz und Quantencomputing haben Grüne und CDU in ihren Wahlprogrammen verankert. Eine zukunftsorientierte Arbeitswelt mit flexiblem Arbeiten, auch von zuhause aus, ist beiden Parteien ein Anliegen. Die Digitalisierung müsse dem Menschen dienen, nicht umgekehrt, so die Meinung von Grün-Schwarz. Daher befürworten beide Parteien den weiteren Ausbau der digitalen Verwaltungsleistungen für alle Bürgerinnen und Bürger.

Mögliche Konflikte
Die CDU möchte der Digitalisierung als Querschnittsthema noch mehr Gewicht verleihen, indem sie die Gründung eines eigenen Ministeriums für Digitalisierung anstrebt. Ob die Grünen in diesem Punkt mitgehen werden, bleibt abzuwarten. Während die CDU einen Schwerpunkt auf die Unterstützung der Digitalisierungsfortschritte bei Handwerks- und mittelständischen Betrieben legt, spielt für die Grünen der Klimaschutz auch bei der Digitalisierung eine entscheidende Rolle. Hier stellt sich also die Frage, ob die Digitalisierungsstrategie der neuen grün-schwarzen Regierung künftig eher ökologischen oder ökonomischen Leitlinien folgt.

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Flucht, Asyl und Integration

Gemeinsamkeiten
Beide Parteien vertreten die Ansicht, dass Integration nur im gegenseitigen Miteinander gelingen kann, wobei die Grünen Toleranz und Offenheit von allen Seiten einfordern, während die CDU in erster Linie Zugewanderte in die Pflicht nimmt, „sich an die Regeln [zu] halten und unsere Werte [zu] akzeptieren“. Wichtig ist es beiden Parteien, dass Geflüchtete schnellstmöglich durch Spracherwerb, den Besuch von Kita und Schule, eine Ausbildung oder einen Arbeitsplatz in die Gesellschaft integriert werden. Den Kommunen komme bei der Integration eine besondere Bedeutung zu, weshalb diese vom Land entsprechend unterstützt werden müssten.

Mögliche Konflikte
Die Grünen möchten mithilfe eines entsprechenden Landesaufnahmeprogramms mehr Flüchtlinge aufnehmen, die aktuell in Flüchtlingslagern vor den Toren Europas leben oder aus dem Mittelmeer gerettet werden. Baden-Württemberg solle ein „sicherer Hafen“ für Geflüchtete werden. Inwiefern sich die CDU von diesen Plänen überzeugen lässt, bleibt abzuwarten. Eine klare Konfliktlinie gibt es beim Thema Abschiebung: Die CDU möchte die Liste sicherer Herkunftsländer auf Bundesebene erweitern, um mehr Abschiebungen zu ermöglichen. Das lehnen die Grünen ab.

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Gesundheit und Pflege

Gemeinsamkeiten
Beide Parteien setzen sich für eine flächendeckende und bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung im Land ein, indem beispielsweise auch digitale Behandlungsmöglichkeiten ausgebaut werden. Zudem haben Grüne und CDU die Behebung des Fachkräftemangels im Blick, indem Gesundheitsberufe durch leistungsgerechte Bezahlung und bessere Ausbildung attraktiver werden sollen. Auch die Stärkung des Pflegesektors und der Ausbau von Prävention und Gesundheitsvorsorge spielen bei beiden Parteien eine Rolle.

Mögliche Konflikte
Während die Grünen auf Bundesebene die Einführung einer Bürgerversicherung unterstützen, in der auch Beamtinnen und Beamte sowie Selbstständige einzahlen, lehnt die CDU diese ab und möchte beim jetzigen System mit gesetzlichen und privaten Krankenkassen bleiben. Außerdem möchte die CDU ein eigenes Gesundheitsministerium schaffen. Davon ist im Wahlprogramm der Grünen nicht die Rede.

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Innere Sicherheit

Gemeinsamkeiten
Grüne und CDU sind sich einig, dass sie die Polizei und Justiz weiter personell und technisch kräftig stärken wollen. Vor allem bei der Digitalisierung müsse noch einiges passieren und diese müsse ausgeweitet werden. Die Sicherheit der Menschen in Baden-Württemberg ist beiden Parteien wichtig, daher müsse die Sicherheit im öffentlichen Raum erhöht werden. Grün und Schwarz stellen sich entschieden gegen Extremismus, Rassismus sowie Diskriminierung und wollen mit einem entsprechenden Landesaktionsplan Maßnahmen und Angebote bündeln. 

Mögliche Konflikte
Während die Grünen kritisch gegenüber intelligenter Videoüberwachung und der heimlichen Überwachung durch die Polizei stehen, plädiert die CDU für den Einsatz von Fahndungsinstrumenten wie beispielsweise automatische Kennzeichenlesesysteme, Dashcams und Drohnen.

Für einen Reformprozess der Landesämter für Verfassungsschutz machen sich die Grünen bundesweit stark. Man wolle ein Institut schaffen, das offen zugängliche Quellen auswertet und so verfassungsfeindliche Bestrebungen wissenschaftlich analysiert. Nachrichtendienstliche Mittel sollen nur bei gewaltbereiten Organisationen eingesetzt werden, heißt es im Programm der Grünen. Die CDU erteilt diesem Vorstoß eine klare Absage. Angesichts der Bedrohungen etwa durch Extremismus sowie der politisch motivierten Gewalt gegen Menschen und Sachen brauche Baden-Württemberg einen handlungsfähigen Verfassungsschutz, so die CDU.

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Umwelt und Energie

Gemeinsamkeiten
Beide Parteien messen dem Thema Umwelt und Energie eine hohe Bedeutung zu. Grüne und CDU sprechen sich für mehr Umwelt-, Klima- und Artenschutz aus. Erneuerbare Energien sollen ausgebaut werden – durch mehr Photovoltaikanlagen und Windkraft. Bei der Einsparung von CO2-Emissionen müsse die öffentliche Verwaltung Vorbild sein. 

Mögliche Konflikte
Klimaschutz gehört zum Markenkern der Grünen, weshalb alle Politikbereiche künftig auf Nachhaltigkeit und Klimaschutz hin überprüft werden sollen. Dies könnte der CDU zu weit gehen. Ein möglicher Konflikt zeichnet sich bei den erneuerbaren Energien ab: Während die Grünen die Pflicht für Photovoltaik-Anlagen auf alle privaten Neubauten und auch bei einer grundständigen Renovierung von Dächern ausdehnen wollen, heißt es im Parteiprogramm der CDU lediglich, Photovoltaik ausbauen zu wollen. Von einer Pflicht für Häuslebauer ist hier jedoch nicht die Rede. Zudem ist die Rede davon, bis zu tausend neue Windräder zu bauen. Wo diese platziert werden sollen und mit welchem Abstand zum nächsten Wohnort, könnte ein Konfliktpunkt werden.

Außerdem setzen die Grünen sich dafür ein, dass die ökologische Landwirtschaft 2030 mindestens 40 Prozent der bewirtschafteten Fläche ausmacht. Die CDU hingegen möchte die heimischen Bauernhöfe mit einem landesweiten „Zukunftsplan Tierwohl“ unabhängig von der Frage „bio“ oder „konventionell“ unterstützen.

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Mobilität und Verkehr

Gemeinsamkeiten
Eine klimafreundliche Mobilität ist das Ziel von Grünen und CDU. Beide Parteien wollen den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs sowie der Schienenwege voranbringen. Landesweit sollen attraktivere Tarifangebote im ÖPNV entstehen. Das Ziel: Bis 2030 die Zahl der Kilometer verdoppeln, die Fahrgäste mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen. Auch die bestehenden Lücken zwischen den Radwegen, Radschnellwegen und Fahrradstraßen im Land sollen geschlossen werden. Grüne und CDU wollen darüber hinaus die Elektromobilität fördern und die Ladeinfrastruktur flächendeckend ausbauen.

Mögliche Konflikte
Während die CDU in ihrem Parteiprogramm davon spricht, dass das Auto und Flugzeug dieselbe Daseinsberechtigung wie Fahrrad, Bus und Bahn habe, fordern die Grünen eine deutliche Reduktion des Auto- und des Flugverkehrs. Insbesondere der Individualverkehr mit dem Auto solle aus Sicht der Grünen massiv zurückgefahren werden.

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Wirtschaft und Arbeit

Gemeinsamkeiten
Als zentrale Herausforderung sehen beide Parteien die Digitalisierung der Arbeitswelt. Die digitalisierte Arbeitswelt bringe neben einer verbesserten Lebensqualität große Chancen für mehr Ressourcenschonung mit sich. Eine weitere Herausforderung für die Wirtschaft sei der Klimawandel. Besonders fördern wollen sowohl Grüne wie auch CDU Start-ups und das Handwerk. Grüne und CDU sprechen sich zudem für die Weiterentwicklung beruflicher Aus- und Weiterbildung aus. Beide Parteien setzen auf die Förderung von Wasserstoff als zentraler Energieträger der Zukunft.

Mögliche Konflikte
Die Frage, wie das wenig vorhandene Geld nach Corona verteilt wird, wird die Politik bestimmen und in den Koalitionsverhandlungen die größten Konfliktpunkte aufwerfen. 

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Wohnungsbau

Gemeinsamkeiten
Mehr bezahlbarer, barrierefreier und sozialer Wohnraum müsse bereitgestellt werden, darin sind sich die Parteien einig. Die Landesregierung initiiert daher einen „Strategiedialog bezahlbares Wohnen und innovative Bauwirtschaft“, wie es im Sondierungspapier der Verhandlungspartner Grüne und CDU heißt. Damit soll bezahlbarer Wohnraum entstehen, die Bauwirtschaft digitalisiert und ökologisch neu ausgerichtet werden.

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Letzte Aktualisierung: 5. Mai 2021, Internetredaktion LpB BW

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