Landtagswahl 2016 (Archiv)

Ein Wahlergebnis der Superlative und ein politisches Erdbeben: 143 Abgeordnete aus fünf Parteien wurden am 13. März 2016 in den künftigen Landtag von Baden-Württemberg gewählt.

Das Wahlergebnis

Die Grünen fahren mit 30,3 Prozent das beste Ergebnis bei einer Wahl überhaupt ein, erstmals in ihrer Geschichte sind sie die stärkste Kraft bei einer Landtagswahl.

Schwarzer Tag für die Schwarzen und Roten: Die CDU (27 Prozent) und SPD (12,7 Prozent) sinken auf ein Allzeittief, die Alternative für Deutschland (15,1 Prozent), vor einem Jahr noch totgesagt, zieht aus dem Stand in den Landtag ein und die FDP (8,3 Prozent) kann sich in ihrem Stammland leicht verbessern.

Die Linke scheitert mit 2,9 Prozent abermals an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Wahlbeteiligung ist deutlich gestiegen und liegt bei 70,8 Prozent. (2011: 66,3 Prozent).

Von den 70 Erstmandaten gingen 46 an die Grünen, 22 an die CDU und zwei an die AfD. Bei der Landtagswahl 2011 hatten die Grünen nur neun Erstmandate gewonnen, 60 gingen damals an die CDU und eines an die SPD.

Der neue baden-württembergische Landtag besteht aus 143 Abgeordneten (nach der Landtagswahl 2011 waren es 138). Die größte Fraktion bilden die Grünen mit 47 Abgeordneten, dann folgt die CDU (42 Abgeordnete), die AfD (23 Abgeordnete), die SPD (19 Abgeordnete) sowie die FDP (12 Abgeordnete).

Der Frauenanteil im neuen baden-württembergischen Landtag steigt leicht von 20,3 auf 24,5 Prozent. In der Grünen-Fraktion sind die Anteile der Geschlechter fast ausgeglichen (47 Prozent Frauen), in der CDU-Fraktion sind es 17 Prozent, in der AfD-Fraktion 13 Prozent, in der SPD-Fraktion 11 Prozent und in der FDP-Fraktion nur 8 Prozent.

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Endgültiges Ergebnis der Landtagswahl 2016

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Landtagswahl 2016 Baden Württemberg (Angaben in Prozent) 
 Sonstige

Ergebnis

30,32715,112,78,32,93,7

Gewinne / Verluste

6,1-1215,1-10,430,1-1,9

Landtagswahl 2011

24,239--23,15,32,85,6

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg

 

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Sitzverteilung im Landtag

Der neue baden-württembergische Landtag wird aus 143 Abgeordneten bestehen (nach der Landtagswahl 2011 waren es 138). Die größte Fraktion bilden die Grünen mit 47 Abgeordneten, dann folgt die CDU (42 Abgeordnete), die AfD (23 Abgeordnete), die SPD (19 Abgeordnete) sowie die FDP (12 Fraktionen). Grüne: 47, CDU 42, AfD 23, SPD 19, FDP 12. Die Mehrheit im Landtag liegt bei 72 Sitzen.

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Kurzanalyse der Landtagswahl 2016

Grün-Rot ist abgewählt, obwohl die Mehrheit in Baden-Württemberg mit der Arbeit der Landesregierung zufrieden war. Bei der Regierungsbildung wäre jetzt rechnerisch eine große Koalition aus Grünen und CDU, eine sogenannte Ampel-Koalition aus Grünen, SPD und FDP oder eine sogenannte Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP möglich.  Eine Koalition mit der AfD schließen alle anderen Parteien aus.

Ein beliebter, nahezu über der eigenen grünen Partei und den eigenen Kabinettskollegen schwebender Landesvater und Ministerpräsident Winfried Kretschmann, eine wenig kräftige Oppositionspolitik der CDU, die gute Konjunkturlage und Beschäftigungssituation sowie eine pragmatisch unideologische Regierungspolitik führten dazu, dass im Land keine große Wechselstimmung zu verzeichnen war. Kretschmann hat bewiesen, dass der grüne Höhenflug nach der Atomkatastrophe von Fukushima 2011 keine Eintagsfliege war. Kretschmanns Beliebtheitswerte stiegen in den fünf Regierungsjahren kontinuierlich - und die der zur Regierungspartei gewordenen Grünen auch. Mit Winfried Kretschmann an der Spitze haben die Grünen das Format einer Volkspartei erreicht. Ein Stammland der CDU hat sich grün gefärbt. 46 der 70 Direktmandate gingen an die Grünen, nur noch 22 an die CDU. Dieser Farbenwechsel reicht weit über die Universitätsstädte hinaus, die früher die einzigen Hochburgen der Grünen waren. Selbst traditionelle CDU-Hochburgen konnten die Grünen jetzt erobern.

In keinem anderen deutschen Flächenstaat hat eine Partei länger regiert als die CDU und von 1953 bis 2011 in Folge sieben Ministerpräsidenten gestellt. Die Umstellung von der Regierungsrolle auf die Rolle der Opposition ist für die Christdemokraten schwer. Erstmals musste die CDU einen Wahlkampf aus der Opposition führen, einen Spitzenkandidaten aus der Opposition heraus aufbauen. Spitzenkandidat Guido Wolf gelang es nie, in die Nähe der Beliebtheit von Winfried Kretschmann vorzustoßen. Selbst im eigenen Lager hatten sich mehr CDU-Anhänger für Kretschmann als Ministerpräsidenten ausgesprochen als für Wolf. Die Flüchtlingskrise spaltet auch die CDU. Wolf schwankte in der Flüchtlingskrise zwischen Unterstützung und Kritik an Merkel. Der Eindruck einer zerstrittenen CDU war in den vergangenen Wochen in der Welt. Somit wurde die Niederlage der CDU noch dramatischer als die von 2011.

Auch wenn außen- und migrationspolitische Fragen nicht auf Landesebene entschieden werden, das Megathema des Wahlkampfes wurde von der Flüchtlingspolitik geprägt.
Landtagswahlen gelten dabei als sogenannte Wahlen zweiter Ordnung, die angesichts ihrer geringeren Bedeutung im Vergleich zur Bundestagswahl gerne von den Stimmberechtigten dazu benutzt werden, den regierenden Parteien - und im diesem Fall der Allparteien-Koalition in Sachen Flüchtlingspolitik - mit Hilfe der Alternative für Deutschland (AfD) einen Denkzettel zu verpassen. Die zunehmende Belastung der Landkreise und Kommunen und die von manchen heraufbeschworenen oder erreichten Grenzen der Integrationsfähigkeit aufgrund der Fluchtbewegungen ließen die AfD erstarken, deren politisches Ende durch ihre Spaltung im Juli 2015 eigentlich schon besiegelt schien. Hinter dem Erfolg der AfD steckt viel Unzufriedenheit mit der Unfähigkeit der Politik, überzeugende und schnelle Problemlösungen anzubieten. Die AfD ist bislang Sammelbecken für unterschiedlichen Protest. Mit den steigenden Flüchtlingszahlen gelang es der AfD, immer mehr der Menschen hinter sich zu scharen, die gegen die aktuelle Flüchtlingspolitik sind. Verlustängste spielen dabei eine große Rolle.

Den Sozialdemokraten ist es als Juniorpartner der grün-roten Koalition nicht gelungen, Ihren Anteil an der Regierungspolitik der letzten fünf Jahre zu vermitteln. Die Landesregierung hatte in den Umfragen sehr gute Zustimmungswerte erreicht. Dazu haben die sozialdemokratischen Ministerinnen und Minister, die alle wichtigen Ressorts besetzt hatten, beigetragen. Allerdings ist die SPD In Baden-Württemberg ins mediale Abseits geraten, weil die zentrale politische Konfliktlinie seit Stuttgart 21 zwischen den Grünen und der CDU verläuft. Wer medial weniger vorkommt, verliert bald an Aufmerksamkeit und Unterstützung. Sie erleidet das typische Schicksal des "kleineren Koalitionspartners", der hinter dem Ministerpräsidenten landespolitisch kaum noch wahrgenommen wird. Zudem hat die SPD bundes- aber auch landesweit kein Alleinstellungsmerkmal mehr, keinen klaren Markenkern und vor allem große Schwierigkeiten, neue Wählergruppen zu gewinnen. Rot-grüne Wechselwähler haben sich bei der Wahl eher für den stärkeren der beiden Partner entscheiden.

Die FDP konnte sich im Vergleich zur Landtagswahl 2011 leicht verbessern. Als kleinste der Landtagsparteien hatte sie es allerdings schwer, mediale Aufmerksamkeit zu erringen. Spitzenkandidat und Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke poltert gegen die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin. „Im Grunde hat sie alles falsch gemacht, was man falsch machen konnte“, sagte er der „Stuttgarter Zeitung“ vor kurzem. Er kritisiert eine Sogwirkung von Merkels Entscheidung im September 2015, die Grenze zu öffnen. Rülke fordert unter anderem Sach- statt Geldleistungen für Flüchtlinge, schnellere Abschiebungen und die Umsetzung des Dublin-Abkommen. Er betont, dass sich seine Politik anders als bei der AfD nur gegen Merkels Kurs richte und nicht gegen Flüchtlinge.

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Wahlergebnis 2016 im Vergleich zu 2011

Parteien20162011Veränderung
Anzahl%Anzahl%Anzahl%-Punkte
GRÜNE1.623.10730,31.206.18224,2+416.925+6,1
CDU1.447.46227,01.943.91239,0-496.450-12,0
AfD809.55415,1--+809.554+15,1
SPD679.72712,71.152.59423,1-472.867-10,4
FDP445.4988,3262.7845,3+182.714+3,0
Die Linke 156.2402,9139.7002,8+16.540+0,1
Alfa54.7131,0--+54.713+1,0
ÖDP38.7170,742.5390,9--4.022-0,2
NPD23.6090,448.2271,0-24.618-0,6
Die Piraten21.7750,4103.6182,1-81.843-1,7
Tierschutzpartei17.4880,3--+17.488+0,3
REP17.4750,356.7231,1-39.248-0,8
Die Partei17.0480,33840+16.664+0,3
Freie Wähler4.6470,1--+4.647+0,1
Einzelbewerber1.13002.3680-1.2380
Menschliche Welt8770--+8770
Die Rechte7180--+7180
Bündnis C6020--+6020
Tierschutzallianz4800--+4800
Die Einheit2140--+2140
BüSo16603070-1410
DKP14401050+390
Arminius Bund490--+490
Sonstige (2011)  24.2760,5-24.276-0,5

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg

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Wahlprognosen zur Landtagswahl 2016

Drei Tage vor den Landtagswahlen am 13. März 2016 bekäme weder die grün-rote Koalition noch eine schwarz-gelbe Koalition eine Mehrheit. Laut einer Befragung der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag des ZDFs Politbarometer Extra vom 10. März 2016 kämen die Grünen auf 32 Prozent (2011 waren es 24 Prozent), für den Koalitionspartner SPD würden 14 Prozent stimmen (2011: 23 Prozent). Die CDU würde 29 Prozent erhalten (2011: 39 Prozent) und würde damit im baden-württembergischen Landtag zum ersten Mal nicht mehr die stärkste Fraktion stellen. Ihr gewünschter Koalitionspartner FDP käme 6 Prozent (2011: 5 Prozent).

Die Alternative für Deutschland würde aus dem Stand auf 11 Prozent kommen. Die Linke würde mit 4 Prozent nicht in den Landtag einziehen. Zwischen den Prognosen und dem tatsächlichen Ergebnis kann es jedoch große Abweichungen geben: laut der Forschungsgruppe Wahlen wissen nämlich 56 Prozent der Befragten noch nicht, ob und welche Partei sie wählen wollen.

Bei der Regierungsbildung wäre rechnerisch eine große Koalition aus Grünen und CDU, eine sogenannte Ampel-Koalition aus Grünen, SPD und FDP oder eine sogenannte Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP möglich.  Eine Koalition mit der AfD schließen alle anderen Parteien aus.

Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag des ZDFs Politbarometer Extra hatte für die Umfrage zwischen dem 7. und dem 10. März 1.711 Wahlberechtigte befragt, deren Zusammensetzung repräsentativ für die Bevölkerung ist.

Welcher Spitzenkandidat würde bei Direktwahl vorne liegen?

Bei der Frage nach dem gewünschten Ministerpräsidenten hat sich laut der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen auch am 10 März nichts geändert. Es gelten immer noch die Werte der Umfrage von Infratest Dimap vom 3. März. Demnach würden sich 64 Prozent der Befragten für Winfried Kretschmann entscheiden, wenn sie den Ministerpräsidenten direkt wählen könnten. Seinen CDU-Herausforderer Guido Wolf würden nur 17 Prozent gerne an seinem Platz sehen. Selbst aus dem CDU-Lager kommt hohe Zustimmung für Kretschmann: 45 Prozent würden ihn wählen, 37 Prozent den eigenen Kandidaten. Kein Wunder: 65 Prozent aller Befragten sind mit der Arbeit von Kretschmann zufrieden.

Was sind laut den Wähler*innen die größten Probleme Baden-Württembergs?

Nach den dringendsten Problemen des Landes nach Ansicht der Wähler*innen hatte zuletzt das Meinungsforschungsinstitut Forsa am 26. Februar gefragt. Als größtes Problem Baden-Württembergs sehen 52 Prozent der Befragten den Zustrom von Flüchtlingen und die Integration von Ausländern. Für die Anhänger der AFD hat dieses Thema mit 68 Prozent die oberste Priorität. Alle anderen Themen werden dadurch in den Hintergrund gedrängt: die Schulpolitik sehen nur 21 Prozent der Befragten als dringendstes Problem, die Verkehrspolitik ebenfalls 21 Prozent.

Für die Umfrage von Forsa im Auftrag mehrerer Zeitungen waren zwischen dem 16. und dem 22. Februar 1.069 zufällig ausgewählte Wahlberechtige telefonisch befragt. Die Umfrage ist repräsentativ.

Alle Ergebnisse der Forsa-Umfrage im Reutlinger General-Anzeiger

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Wahlumfragen

Wahlumfragen zur Landtagswahl 2016 (Angaben in Prozent) 
 

Forschungsgruppe Wahlen vom 10.03.2016

2932146114

Forsa am 9.03.2016

2732167113

Insa vom 07.03.2016

28,533,512,5612,53

Forschungsgruppe Wahlen vom 04.03.2016

3032137114

Infratest Dimap vom 03.03.2016

2832138134

Insa vom 28.02.2016

3030,516,56,593,5

Forsa am 26.02.2016

3030166113

Insa vom 22.02.2016

3030,5167103

Infratest Dimap am 18.02.2016

3128148124

Insa vom 5.02.2016

33,528,513,57103

Forschungsgruppe Wahlen vom 21.01.2016

3428156113

Insa vom 20.01.2016

3529136,511,52,5

Infratest Dimap am 14.01.2016

3528156103

Forsa am 15.12.2015

352819573

Infratest dimap am 03.12.2015

372518584

Forschungsgruppe Wahlen am 20.11.2015

372718563

Institut Insa am 09.10.2015

402416585

Infratest dimap am 24.09.2015

392617554

Allensbach am 11.09.2015

40,524204,434

Forsa am 12.05.2015

382620444

Infratest dimap am 26.03.2015

382518545

Infratest dimap am 13.11.2014

412220354

Infratest dimap am 13.05.2014

412120364
Wahlergebnis 20113924,223,15,3-2,8

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Weiterführende Informationen

Bericht des Statistischen Landesamts zu den Wahlergebnissen

Der Bericht des Statistischen Landesamts bietet eine umfassende Darstellung der Ergebnisse der Landtagswahl 2016. Er beinhaltet neben dem Wahlergebnis für alle 70 Landtagswahlkreise, dem Abschneiden der Kandidatinnen und Kandidaten und der Sitzverteilung auch Auswertungen aus regionaler Perspektive. Darunter das Abschneiden der im Landtag vertretenen Parteien in ihren Hochburgen und Diasporagebieten sowie im soziostrukturellen Kontext.

Volkshandbuch zum 16. Landtag

143 Abgeordnete aus fünf Parteien wurden am 13. März 2016 in den künftigen Landtag von Baden-Württemberg gewählt. Dieses Volkshandbuch über den Landtag von Baden-Württemberg gibt einen ersten Überblick über das neu gewählte Parlament, dessen Wahlperiode am 1. Mai 2016 beginnt.

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