Geschichte des Landtags
Der Landtag von Baden-Württemberg kann heute auf eine 70-jährige Geschichte zurückblicken. Hier finden Sie Hintergrundinformationen zu seinen Anfängen und seiner Entwicklung bis heute.
1946 bis 1951: Dreiteilung des Landes
Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Gebiet des heutigen Baden-Württembergs von den Alliierten zunächst in die drei Gebilde Württemberg-Baden (amerikanisch besetzt) sowie Württemberg-Hohenzollern und Baden (unter französischer Besatzung) aufgeteilt worden.
In allen drei Gebieten hatten zunächst eigenständige Wahlen zu unterschiedlich ausgestalteten Volksvertretungen stattgefunden. So traten in Württemberg-Baden im Januar 1946 erstmals 124 Abgeordnete zu einer Vorläufigen Volksvertretung zusammen. 1947 fanden Landtagswahlen in Württemberg-Hohenzollern und Baden statt.
Seit 1947 wurde die Zusammenführung der drei Gebiete zu einem Südweststaat diskutiert. Die Regierung Südbadens (unter Leo Wohleb, CDU) versuchte jedoch 1948 und in den kommenden drei Jahren das Zustandekommen dieses Südweststaats zu verhindern.
In der entscheidenden Abstimmung 1951 votierte dennoch die Mehrheit (69,7 Prozent) im Südwesten für das neue Land Baden-Württemberg (auch wenn in Südbaden eine Mehrheit von 62,2 Prozent noch immer dagegen stimmte). Die drei Gebiete wurden zum neuen Südweststaat Baden-Württemberg zusammengeführt.
1970 wurde noch einmal eine Volksabstimmung zum Thema Südweststaat – dieses Mal jedoch nur im badischen Landesteil – abgehalten. Diesmal stimmten auch die Badenerinnen und Badener mit überwältigender Mehrheit für den Fortbestand des Landes (81,9 Prozent „Ja“, 18,1 Prozent „Nein“).
Dossier: Entstehung des Landes Baden-Württemberg
Am 25. April 1952 wurde das Land Baden-Württemberg gegründet. Aus drei mach eins war die Devise: Aus den zwischen 1945 und 1952 bestehenden Vorgängerländern Baden, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern wurde ein neues Bundesland. Mehr zur Gründung in unserem Dossier.
1952: Erste Landesregierung
Am 9. März 1952 wurde die Verfassunggebende Versammlung des neuen Landes gewählt, wobei die CDU mit 50 von 121 Mandaten stärkste Partei wurde. Die SPD war mit 38 Mandaten zweitstärkste Kraft, gefolgt von der DVP (FDP) mit 23 Mandaten.
Die erste Landesregierung bildete jedoch wider Erwarten Reinhold Maier von der FDP/DVP zusammen mit der SPD und dem Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten (BHE).
Nach dem Rücktritt Reinhold Maiers übernahm im November 1953 Gebhard Müller (CDU) das Amt des Ministerpräsidenten in einer Allparteienregierung aus CDU, SPD, FDP/DVP und BHE.
1952 bis heute: die Konstellationen
In allen Landtagswahlen von 1952 bis 2011 wurde die CDU stärkste Fraktion. Sie stellte zwanzig Mal den Ministerpräsidenten und war nur zwei Mal (1952/1953 und 2011 bis 2016) von der Regierung ausgeschlossen. Dabei sind verschiedene Phasen zu unterscheiden: von den Allparteienregierungen der 1950er-Jahre über christlich-liberale und Große Koalitionen bis hin zu einer zwanzig Jahre andauernden Alleinregierung der CDU. Erst seit 1992 war die CDU wieder auf einen Koalitionspartner angewiesen. Schließlich musste sie nach der Wahl 2011 die Oppositionsrolle einnehmen, als Grün-Rot die Regierung bildete. Seit 2016 regiert die CDU als kleinerer Regierungspartner von Bündnis 90/Die Grünen mit.
- 1953 bis 1960: Allparteienkoalitionen mit SPD, FDP/DVP und BHE
- 1960 bis 1966: Koalition von CDU und FDP/DVP
- 1966 bis 1972: Große Koalition von CDU und SPD
- 1972 bis 1992: Alleinregierung der CDU
- 1992 bis 1996: Große Koalition von CDU und SPD
- 1996 bis 2011: Christlich-Liberale Koalition von CDU und FDP/DVP
- 2011 bis 2016: Grün-rote Koalition aus B90/Die Grünen und SPD
- 2016 bis heute: Grün-schwarze Koalition aus B90/Die Grünen und CDU
Besonders augenfällig und die starke Stellung der CDU in Baden-Württemberg verdeutlichend sind die 20 Jahre, in denen die CDU aufgrund absoluter Mehrheiten in den Landtagswahlen auf Koalitionspartner nicht angewiesen war und somit das Land alleine regieren konnte.
Aber auch verschiedene Koalitionsregierungen kamen mehrfach zustande. Nach den Allparteienregierungen der frühen Jahre des Landes, die als Chance verstanden wurden, möglichst alle relevanten Kräfte zu integrieren und in den Aufbau und die Gestaltung des jungen Landes einfließen zu lassen, kam es zweimal zu einer Großen Koalition zwischen CDU und SPD. Ebenfalls zweimal regierten christlich-liberale Koalitionen. Einmal kam es zu einer Grün-roten Koalition. Aktuell regiert eine Koalition aus Bündnis 90/Die Grünen und CDU.
Politische Kräfte im Land
In den unterschiedlichen Legislaturperioden seit 1952 waren zwischen drei und fünf Parteien vertreten. Seit Gründung des Landes dauerhaft im Landtag vertreten sind CDU, SPD und FDP/DVP. Die Grünen konnten das erste Mal 1980 in den Landtag von baden-Württemberg einziehen.
Zwanzig Jahre lang, von 1972 bis 1992, erreichte die CDU bei Landtagswahlen die absolute Mehrheit und konnte alleine regieren. Ihr bestes Ergebnis erzielte die Partei 1976 mit 56,7 Prozent. Ihr historisch schlechtestes Ergebnis fuhr die CDU bei der letzten Landtagswahl 2021 mit 24,1 Prozent ein.
Die SPD erhielt ihr bis heute bestes Wahlergebnis von 37,6 Prozent im Jahr 1972. 2021 erreichte sie in einem historischen Tief nur elf Prozent der Wählerstimmen.
Die FDP/DVP kann heute wesentlich weniger Stimmen auf sich vereinigen als noch in den 1950er- und 1960er-Jahren. Damals hatte sie kontinuierlich Wahlergebnisse im zweistelligen Bereich erzielt. Nach sehr niedrigen Wahlergebnissen 1988 und 1992 bewegte sie sich in den 1990er- und 2000er-Jahren zwischen acht und zehn Prozent, um bei den Landtagswahlen 2011 mit 5,3 Prozent gerade noch den Einzug in den Landtag zu schaffen. Bei der Landtagswahl 2021 erzielte sie mit 10,5 Prozent wieder ein zweistelliges Ergebnis.
1980 schafften die Grünen mit 5,3 Prozent der Stimmen den Sprung in den Landtag. Bei den folgenden Landtagswahlen konnten sie ihre Ergebnisse meist kontinuierlich verbessern. Im Jahr 2011 erzielte die Partei bei der Landtagswahl mit 24,1 Prozent einen deutlichen Stimmenzuwachs. Seit 2016 sind die Grünen stärkste Kraft im Landtag. Bei der Landtagswahl 2021 erzielten sie mit 32,6 Prozent ihr bisher bestes Ergebnis.
Mit einem Wählerstimmenanteil von 15,1 Prozent zog die AfD 2016 in den Landtag ein. Bei der Landtagswahl 2021 musste die Partei Verluste hinnehmen und erzielte noch 9,7 Prozent der Stimmen.
Andere Parteien konnten sich in der Geschichte des Landes nur vorübergehend im Landtag halten. Bis 1964 war der BHE bzw. GB/BHE, der Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten, die vierte Partei im Landtag. Im April 1968 erzielte die rechtsextreme NPD fast zehn Prozent der Stimmen. Sie konnte sich allerdings nur bis zur nächsten Landtagswahl 1972 im Parlament halten. 1992 zogen die rechtsextremen „Republikaner“ mit 10,9 Prozent in den Landtag ein. Zwei Wahlperioden später (2001) scheiterten sie mit 4,4 Prozent der Stimmen an der Fünfprozenthürde.
Landtagspräsidentinnen und -präsidenten seit 1952
Amtszeit | Präsident/-in | Partei |
---|
1952–1960 | Carl Neinhaus | CDU |
1960–1968 | Franz Gurk | CDU |
1968–1976 | Camill Wurz | CDU |
1976–1980 | Erich Ganzenmüller | CDU |
1980–1982 | Lothar Gaa | CDU |
1982–1992 | Erich Schneider | CDU |
1992–1996 | Fritz Hopmeier | CDU |
1996–2011 | Peter Straub | CDU |
2011 | Willi Stächele | CDU |
2011–2015 | Guido Wolf | CDU |
2015–2016 | Wilfried Klenk | CDU |
seit 2016 | Muhterem Aras | GRÜNE |
Mehr zu den Aufgaben der Landtagspräsidentin und zur aktuellen Amtsinhaberin
Vorsitzende der Landtagsfraktionen seit 1952
Die Fraktionen werden in der Reihenfolge ihres erstmaligen Auftretens in einer Legislaturperiode aufgelistet. Sind Fraktionen gleichzeitig erstmalig erschienen, entspricht die Reihenfolge der Fraktionsstärke.
Fraktionsvorsitzende der CDU
Fraktionsvorsitzende der CDU
1952–1953 | Franz Gurk |
1953–1953 | Gebhard Müller |
1953–1960 | Franz Hermann |
1960–1968 | Camill Wurz |
1968–1972 | Erich Ganzenmüller |
1972–1978 | Lothar Späth |
1978–1991 | Erwin Teufel |
1991–2005 | Günther Oettinger |
2005–2010 | Stefan Mappus |
2010–2015 | Peter Hauk |
2015–2016 | Guido Wolf |
2016–2021 | Prof. Dr. Wolfgang Reinhart |
seit 2021 | Manuel Hagel |
Fraktionsvorsitzende der SPD
Fraktionsvorsitzende der SPD
1952–1961 | Alex Möller |
1961–1964 | Walter Krause und Hermann Veit |
1964–1966 | Walter Krause |
1966–1968 | Walter Hirrlinger |
1968–1972 | Heinz Bühringer |
1972–1973 | Walter Krause |
1973–1976 | Rudolf Schieler |
1976–1980 | Erhard Eppler |
1980–1988 | Ulrich Lang |
1988–1992 | Dieter Spöri |
1992–2001 | Ulrich Maurer |
2001–2006 | Wolfgang Drexler |
2006–2008 | Ute Vogt |
2008–2016 | Claus Schmiedel |
seit 2016 | Andreas Stoch |
Fraktionsvorsitzende der FDP/DVP
Fraktionsvorsitzende der FDP/DVP
1952–1953 | Wolfgang Haußmann |
1953–1956 | Otto Gönnenwein |
1956–1960 | Eduard Leuze |
1960–1964 | Walter Nischwitz |
1964–1968 | Friedrich Stock |
1968–1969 | Eduard Leuze |
1969–1976 | Johann Peter Brandenburg |
1976–1984 | Jürgen Morlok |
1985–1988 | Hinrich Enderlein |
1988–1996 | Walter Döring |
1996–2004 | Ernst Pfister |
2004–2009 | Ulrich Noll |
seit 2009 | Dr. Hans-Ulrich Rülke |
Fraktionsvorsitzende des GB/BHE
Fraktionsvorsitzende des GB/BHE
1952–1954 | Karl Mocker |
1954–1956 | Karl Bartunek |
1956–1960 | Karl Mocker |
1960–1960 | Josef Schwarz |
1960–1964 | Karl Bartunek |
Fraktionsvorsitzende der NPD
Fraktionsvorsitzende der NPD
1968–1969 | Wilhelm Gutmann |
1969–1972 | Werner Kuhnt |
Fraktionsvorsitzende der Grünen
Fraktionsvorsitzende der Grünen
1980–1983 | Wolf-Dieter Hasenclever |
1983–1984 | Winfried Kretschmann |
1984–1988 | Fritz Kuhn |
1988–1990 | Birgitt Bender |
1990–1992 | Rezzo Schlauch |
1992–2000 | Fritz Kuhn |
2000–2002 | Dieter Salomon |
2002–2011 | Winfried Kretschmann |
2011–2016 | Edith Sitzmann |
seit 2016 | Andreas Schwarz |
Fraktionsvorsitzender der Republikaner (REP)
Fraktionsvorsitzender der Republikaner (REP)
1992–2001 | Rolf Schlierer |
Fraktionsvorsitzende der AfD
Fraktionsvorsitzende der AfD
5/2016–7/2016 | Jörg Meuthen |
7/2016–10/2016 | AfD: Heiner Merz / ABW: Jörg Meuthen |
10/2016–11/2017 | Jörg Meuthen |
seit 12/2017 | Bernd Gögel |
Weiterführende Links
Autor: Internetredaktion LpB BW | letzte Aktualisierung: März 2024