Innere Sicherheit

Wahlthema bei der Landtagswahl 2021

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Kriminalstatistik

Wie sicher ist Baden-Württemberg? Verschiedene Statistiken geben Auskunft darüber, wie es um die Innere Sicherheit in Baden-Württemberg bestellt ist. Die Ausschreitungen in Stuttgart im Juni 2020 sorgten bundesweit für Aufsehen und entfachten eine Debatte um die Sicherheit in baden-württembergischen Innenstädten. Doch gemessen an der Kriminalitätsbelastung, also der Anzahl an Straftaten pro 100.000 Einwohnern, steht das Land gut da: Diese Zahl sank 2019 erneut auf nun 5.184 Straftaten je 100.000 Einwohner. Es gab 2019 weniger angezeigte Diebstähle und Wohnungseinbrüche im Vergleich zum Vorjahr. 2016 waren Wohnungseinbrüche beispielsweise noch ein relevantes Wahlkampfthema, das nun allerdings in den Hintergrund gerückt ist.

Neben diesen erfreulichen Entwicklungen steigen die Straftaten in anderen Bereichen an: 321 Mord- und Totschlagsdelikte gab es 2019, etwas mehr als in den vergangenen Jahren. Die Gewalt gegen Polizeibeamte nahm 2019 weiter zu, ebenso die politisch motivierte Kriminalität (PMK), die sich gegen demokratische Grundwerte, Amtsträger oder Menschenrechte richtet. Sexualdelikte wie sexueller Missbrauch an Kindern oder die Verbreitung von Kinderpornographie stiegen ebenfalls an.

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Polizeidichte und Personalsituation

Wie ist es um die Ausstattung der Polizei in Baden-Württemberg bestellt? Der überwiegende Anteil der Polizeibeamtinnen und -beamten in Deutschland arbeitet in 16 Landespolizeien, denn Polizei ist Ländersache. 

Die Personalsituation in Baden-Württemberg hat sich in den letzten Jahren faktisch kaum verändert. Während die Anzahl der Polizeibeamtinnen und -beamten im Dezember 2016 nach Angaben der Landesregierung  bei 24.665 lag, liegen die angegebenen aktuellen Zahlen der Polizei Baden-Württemberg  2019 gerundet ebenfalls bei 24.000 (Stand: August 2020). 

Das Land Baden-Württemberg gehört im deutschlandweiten Vergleich zu einem der Bundesländer mit geringer Polizeidichte. Das bedeutet, dass auf eine Polizistin oder einen Polizisten in Baden-Württemberg rund 450 Einwohner kommen. Das sind deutlich mehr als in anderen Bundesländern (Quelle: bpb). Die Polizeidichte hat sich trotz neuer Einstellungen allerdings verschlechtert: Kamen auf einen Polizeibeamten 2017 noch 448 Einwohner, stieg die Zahl 2019 auf 453 (Quelle). Selbst wenn alle Polizistinnen und Polizisten in Ausbildung bei der Polizei bleiben, wird der Personalstand in den kommenden Jahren nur gehalten, nicht aber wesentlich verbessert werden (Quelle).

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Aufklärungsquote

Wie erfolgreich setzt ein Bundesland Innere Sicherheit durch? Aufschluss zu dieser Frage gibt unter anderem die Aufklärungsquote. Als aufgeklärt gilt in der Statistik ein Fall, wenn nach der Ermittlung mindestens eine Tatverdächtige oder ein Tatverdächtiger namentlich bekannt ist (Quelle). In Baden-Württemberg ist dies in rund sechs von zehn Fällen so. Die Aufklärungsquote lag 2019 demnach bei rund 60 Prozent und ist damit etwas besser als im Bundesdurchschnitt.

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Quellen und weitere Informationen

zu PMK: LpB BW - Extremismus 
Statistisches Landesamt: Straftaten
BW-Pressemitteilung Sicherheit
Alle Zahlen fasst die Polizeiliche Kriminalstatistik und der Sicherheitsbericht der Landesregierung zusammen. 

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Wahlaussagen der Parteien zur Inneren Sicherheit

Eine Analyse der Wahlprogramme zur Landtagswahl 2021

Das Wahlprogramm der GRÜNEN

Polizei und Justiz
Um Sicherheit und einen funktionierenden Rechtsstaat im Land zu garantieren, brauche es bürgernahe, motivierte und gut ausgebildete Beschäftigte bei Polizei und Justiz, darunter mehr Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund. Daher möchten die Grünen die Polizei und Justiz personell und technisch weiter gut ausstatten. Insbesondere bei der Digitalisierung der Polizei gebe es noch viel zu tun, so die Grünen (S. 266 f., 277–279).

Sicherheitspolitik
Sicherheitspolitik müsse ganzheitlich gedacht werden. Neben klassischer polizeilicher Kriminalprävention bedürfe es der Einbeziehung städtebaulicher Aspekte, kommunaler Belange und der Straßensozialarbeit. Die verschärften Sicherheitsgesetze möchten die Grünen kritisch überprüfen, insbesondere die intelligente Videoüberwachung und die heimliche Überwachung durch die Polizei (S. 270–272).

Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
Die Grünen verfolgen eine „Politik des Gehörtwerdens und der Transparenz“. Bürgerbeteiligung werde daher großgeschrieben. So möchte die Partei beispielsweise Bürgerräte bei wichtigen Gesetzesvorhaben oder ein Online-Vorschlagswesen zu landespolitischen Themen einführen. Auch die Hürden für Volksbegehren und Volksentscheide sollen gesenkt werden. Ferner sollen künftig schon 16-Jährige sowie EU-Bürgerinnen und -Bürger bei Landtagswahlen abstimmen dürfen (S. 262–264).

Diskriminierung, Rassismus, Rechtsextremismus und Hasskriminalität möchten die Grünen entschieden begegnen und dazu einen entsprechenden Aktionsplan mit verschiedenen Maßnahmen entwickeln. Dieser sieht unter anderem themenspezifische Fortbildungen für Beschäftigte von Polizei und Justiz oder die Schaffung einer Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft vor. Auch die wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Themenkomplex müsse gestärkt und in Ausbildung, Studium und Forschung noch mehr verankert werden. Schließlich komme der informativen und präventiven Arbeit zivilgesellschaftlicher Institutionen und Organisationen der politischen Bildung eine wichtige Rolle zu (S. 238 f., 272–276).

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Das Wahlprogramm der CDU

Die Sicherheit der Menschen in Baden-Württemberg stehe für die CDU an erster Stelle: „Wir wollen einen starken Staat, der seine Bürger schützt. Einen Rechtsstaat, dessen Regeln akzeptiert und durchgesetzt werden.“ Polizei und Justiz müssten die Rückendeckung der Politik haben. Den pauschalen Rassismusvorwürfen gegenüber der Polizei trete die CDU klar entgegen (S. 22).

Einstellungsoffensive und Technologieausbau bei der Polizei
Ein Ausbildungs- und Einstellungskorridor von bis zu 1.400 neu auszubildenden Polizeibeamtinnen und -beamten jährlich sei das Ziel der CDU für mehr Polizeipräsenz. Bis 2030 sollten so über 3.000 zusätzliche Polizeivollzugsstellen geschaffen werden. Darüber hinaus möchte die CDU 200 Millionen Euro in eine fortschrittliche Polizei investieren. Der Einsatz Künstlicher Intelligenz, etwa bei der Auswertung von Big Data, ebenso die intelligente Videoüberwachung und der Einsatz moderner Fahndungsinstrumente wie bspw. automatische Kennzeichenlesesysteme, Dashcams und Drohnen sollten ausgeweitet werden (S. 22).
Es brauche Möglichkeiten, digitale Endgeräte nach gespeicherten Daten rechtssicher und online zu durchsuchen. Ebenso gelte es, erweiterte DNA-Analysen zu ermöglichen. Für die Bekämpfung der Schwerkriminalität sowie zur schnellen Intervention bei Amok- und Terrorlagen im badischen Landesteil möchte die CDU einen zweiten Standort des Spezialeinsatzkommandos in Bruchsal aufbauen (S. 23).

Verfassungsschutz und Kampf gegen Extremismus
Forderungen, den Verfassungsschutz abzuschaffen, erteilt die CDU eine klare Absage. Angesichts der Bedrohungen durch Rechts- und Linksextremisten, durch sogenannte Reichsbürger, die politisch motivierte Gewalt gegen Menschen und Sachen sowie die Gefahren des ausländischen Extremismus und vor allem des islamischen Terrorismus brauche Baden-Württemberg einen handlungsfähigen Verfassungsschutz. Die CDU werde in einem Landesaktionsplan gegen Extremismus, Antisemitismus und Rassismus Maßnahmen und Angebote des Landes bündeln und mit den relevanten Akteuren weiterentwickeln (S. 23).

„Gefährliche Ausländer“ abschieben
Mit dem „Sonderstab Gefährliche Ausländer“ habe die CDU bundesweit Maßstäbe gesetzt. Ganz gezielt würden Ausländer abgeschoben, die besonders schwere Straftaten begangen und ihren Anspruch auf unseren Schutz verwirkt hätten. Dieses Erfolgsmodell werde weiter fortgesetzt und ausgebaut sowie alle Möglichkeiten zur Rückführung von Straftätern, Gefährdern und Identitätsverweigerern ausschöpft. Dies gelte auch im Hinblick auf Afghanistan sowie Syrien, sobald es die Lage dort zulasse (S. 23). Der Respekt vor dem Rechtsstaat lebe auch von der schnellen und klaren Reaktion der Justiz auf Straftaten. Gerade bei einfach gelagerten Sachverhalten müsse die Strafe der Tat sprichwörtlich auf dem Fuße folgen (S. 24).

Ausbau der Justiz
Die CDU setzt sich für einen Ausbau der landesweiten Präsenz der Justiz ein sowie für deren Digitalisierung. Die Einrichtung eines baden-württembergischen Obersten Landesgerichts insbesondere mit Zuständigkeiten im Strafrecht solle zudem zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung im Land beitragen (S. 24).

 

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Das Wahlprogramm der AfD

Die AfD stellt sich hinter die Polizei. Sie wolle diese moralisch und rechtlich stärken sowie ihre Besoldung und Arbeitsbedingungen verbessern. Zudem brauche die Polizei eine personelle Stärkung (S. 11).

Für eine konsequente Null-Toleranz- Strategie gegen Gewalttäterinnen und Gewalttäter aller Art setzt sich die Partei ein (S. 11). „Späte und zu milde Urteile provozieren bei Zuwanderern aus archaischen Kulturen mit autoritärem Staatsverständnis den Eindruck, sie bewegten sich im rechtsfreien Raum eines schwachen Staates.“ Dies äußere sich in offener Verachtung, Demütigung von und Angriffen auf Polizeibeamte in aller Öffentlichkeit.

Die AfD spricht sich zudem für den Aufbau spezieller Interventionseinheiten in großen Städten aus, um der Gefahr vor Extremlagen wie Amokläufen oder Terroranschlägen zu begegnen. Grenzen sollten stärker kontrolliert werden, um die Einbruchskriminalität zu bekämpfen. Jeder Form von Extremismus müsse entschlossen entgegengetreten werden. (S. 12 f.)

Eine weitere Forderung der AfD ist, dass die Arbeitsfähigkeit der Justiz durch angemessene personelle und materielle Ausstattung gesichert werden müsse (S. 15).

Demokratie und Meinungsfreiheit

Die AfD will das Bundesland „wieder zu einem Ort lebendiger Demokratie und freier Meinungsäußerung machen“ (S.8). Die Partei fordert, die Instrumente direkter Demokratie auszubauen, indem die Anzahl der Unterschriften für Volksanträge und Volksbegehren gesenkt, Fristen für Volksbegehren verlängert und die Möglichkeiten der direkten Entscheidung ausgeweitet werden.

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Das Wahlprogramm der SPD

Polizei
Die Reformen des Polizeigesetzes in den Jahren 2017 und 2020 möchte die SPD rückgängig machen, weil sie der Meinung ist, dass das Gesetz in seiner jetzigen Form keine Rechtssicherheit für Polizeibeamte biete. Außerdem möchten die Sozialdemokraten die Polizei personell und technisch besser ausstatten, für eine angemessene Bezahlung - auch an Wochenenden und Feiertagen - sorgen und sich für eine vorausschauende Personalplanung einsetzen. Eine Reform soll zudem die Durchlässigkeit zwischen den Laufbahnen erhöhen, um den Polizeiberuf attraktiver zu gestalten. Einen freiwilligen Polizeitdienst lehnt die SPD ab. Die Partei befürwortet dagegen eine wissenschaftliche Studie zum Thema „Racial Profiling“ und rassistischer Tendenzen in der Polizei, wenn nicht in Kooperation mit dem Bund, dann auch als ausschließliche Kooperation der Länder (S. 50f.).

Cyberkriminalität
Der zunehmenden Cyberkriminalität möchte die SPD durch die Gründung einer Sicherheitsagentur begegnen, die das Thema „Cybersicherheit“ ressortübergreifend angeht (S. 51).

Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
Um die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu stärken, setzen die Sozialdemokraten an mehreren Punkten an: So möchten sie eine Offensive für Demokratie an Bildungseinrichtungen ins Leben rufen, um demokratische Werte und Verhaltensweisen bereits den Kleinsten in Kindertageseinrichtungen und Grundschulen zu vermitteln (S. 38). Außerdem fordert die SPD eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre bei Landtagswahlen und eine Direktwahl von Landrätinnen und Landräten (S. 38). Gegen Hetze und Gewalt möchte die Partei eine Nulltoleranzstrategie verfolgen und auch der Hetze im Netz gezielter begegnen, indem ein/-e Beauftragte/-r für Hate-Speech bei der Staatsanwaltschaft angesiedelt wird (S. 52). Insgesamt benötigen die Gerichte und der Strafvollzug nach Meinung der SPD eine bessere personelle Ausstattung (S. 52).

 

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Das Wahlprogramm der FDP

Noch vor dem Thema  „Innere Sicherheit" spricht die FDP in ihrem Wahlprogramm die Überlastung des Justizsystems an. Sie sieht darin einen Standordnachteil an und möchte die Justiz besser ausstatten und auf eine elektronische Aktenführung umstellen (S. 71).

Generell will die FDP eine „starke und gut ausgestattete Polizei“ mit einem attraktiven Polizeidienst. Die FDP sieht neben der Alltagskriminalität neue Herausforderungen durch komplexere Wirtschafts- und Internetkriminalität sowie gewalttätigen Extremismus. 200 neue Stellen gegen Cyberkriminalität und ein Fokus auf bundesweite Strategien sollen dem entgegenwirken (S. 74-75). Die Notwendigkeit eines guten Datenschutzes erwähnen die freien Demokraten explizit und betonen: „Staatliche Maßnahmen dürfen nicht mehr an Freiheit kosten als sie an Sicherheit schaffen." Die Liberalen stellen sich gegen flächendeckende Überwachungsmaßnahmen wie Gesichtserkennung oder KfZ-Kennzeichenerfassung (S. 76).

Außerdem fordert die FDP, durch eine neue Stelle das Landesamt für Verfassungsschutz stärker zu kontrollieren (S. 76). Besondere Erwähnung finden Feuerwehren, Rettungsdienste und Hilfsorganisationen für den Schutz der Sicherheit der Bevölkerung. Hierbei sieht die FDP Unterstützungsbedarf, unter anderem bei der Modernisierung (S. 78).

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Das Wahlprogramm der LINKEN

Polizei

Die LINKE fordert die Rücknahme der beschlossenen Polizeigesetze sowie ein „Ende der Militarisierung der Polizei“ (S. 34). Zudem müsse bei der Polizeiausbildung ein größeres Gewicht auf Antirassismus, Antisexismus, Deeskalation und politische Bildung gelegt werden, um zum Beispiel rassistisch motivierte Polizeikontrollen („Racial Profiling“) zu stoppen. Weitere Forderungen sind: Das Ende der Videoüberwachung von Versammlungen und öffentlichen Plätzen, das Einrichten einer unabhängigen Beschwerde- und Ermittlungsstelle für polizeiliches Fehlverhalten, die Einführung einer individuellen Kennzeichnungspflicht für Polizist/-innen sowie der Erhalt von Polizeistationen im ländlichen Raum.

Verfassungsschutz auflösen

Der Verfassungsschutz schütze die Ziele der Verfassung laut der LINKEN nicht und müsse daher aufgelöst werden (S. 34). Stattdessen soll eine transparent arbeitende wissenschaftliche Beobachtungsstelle von Angriffen auf Menschenrechte, Grundrechte und Demokratie ohne geheimdienstliche Befugnisse geschaffen werden.

Mehr Demokratie

Gelebte Demokratie brauche starke Freiheitsrechte und mehr demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten – in den Kommunen, Parlamenten und den Betrieben (S. 33). Die LINKE fordert mehr Transparenz statt Beratungen hinter verschlossenen Türen und mehr demokratische Mitbestimmung. Dazu gehöre eine bürgerfreundliche Überarbeitung des Volksabstimmungsgesetzes für landesweite Volksanträge, Volksbegehren und Volksabstimmungen; die Einführung eines Bürgerhaushalts, bei dem Bürgerinnen und Bürger Projekte einreichen und selbstständig über die Vergabe der Finanzmittel entscheiden können, sowie die Förderung digitaler Verwaltungsdienstleistungen und der Online-Mitbestimmung der Bürgerinnen und Bürger durch E-Government-Projekte.

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Letzte Aktualisierung: Februar 2021, Internetredaktion LpB BW.

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