Landtag von Baden-Württemberg

Der Landtag von Baden-Württemberg ist die gewählte Vertretung des „ganzen Volkes“ (Art. 27,3 LV) und oberstes Organ der politischen Willensbildung. Die auf fünf Jahre gewählten Abgeordneten entscheiden als Vertreterinnen und Vertreter der Bevölkerung über politische Fragen. Sie wählen die Ministerpräsidentin bzw. den Ministerpräsidenten, sie beschließen Gesetze und den Landeshaushalt und sie kontrollieren die Regierung. Das Landesparlament nimmt als Machtzentrum eine selbstständige und entscheidende Rolle im politischen Entscheidungsprozess wahr. Seinen Sitz hat der der Landtag von Baden-Württemberg in der Landeshauptstadt Stuttgart.

Nach oben

Kompetenzen im Wandel

Baden-Württemberg ist in der föderalen Bundesrepublik Deutschland ein eigener Staat mit eigener Verfassung, eigenem Parlament und eigener Regierung. In Art. 20 des Grundgesetzes ist die bundesstaatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland zwingend vorgeschrieben. Ihr Bestand ist unantastbar. Auch eine Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag, die ansonsten für Verfassungsänderungen nötige Mehrheit, kann die Bundesstaatlichkeit Deutschlands nicht aufheben.

Die Kompetenzen des Landtags als oberstem Verfassungsorgan von Baden-Württemberg haben sich im Lauf der letzten Jahrzehnte gewandelt. Bei der Gesetzgebung hat das Gewicht des Bundes zugenommen.

Fachleute sprechen von einer „Aushöhlung“ des Föderalismus, wenn der Bund mit immer mehr Gesetzen in eigentlich originäre Zuständigkeiten der Länder „hineinregiert“. Bisweilen tut er dies auch, indem er die Länder mit Geld an den „goldenen Zügel“ nimmt und ihnen damit politische Vorgaben macht – frei nach dem Motto: Wer bezahlt, entscheidet auch! In den letzten Jahren war dies vor allem im Bildungsbereich zu beobachten.

Hinzu kommt, dass immer mehr politische Fragen auf europäischer Ebene entschieden werden und die Länder die Vorgaben der EU „nur noch“ umsetzen müssen. Die Zukunft des deutschen Föderalismus wird also von der Frage abhängen, wie sich das Verhältnis der Bundesländer zu den größeren politischen Einheiten Bund und Europäische Union entwickeln wird.

Nichtsdestotrotz hat der Landtag von Baden-Württemberg wichtige Aufgaben und Kompetenzen. Der Schwerpunkt der parlamentarischen Arbeit hat sich von der Gesetzgebung auf die Kontrolle von Regierung und Verwaltung verschoben. Weiterhin aber entscheidet der Landtag über wichtige Fragen und Gesetzesinitiativen, die alle Bürgerinnen und Bürger des Landes betreffen, sei es in der Bildungspolitik, auf dem Feld der Inneren Sicherheit, beim Umweltschutz oder bei vielen anderen Themen. Gerade die Corona-Pandemie zeigt, dass die Länder wichtige politische Ebenen sind, die ihre Entscheidungen nahe an den Bedürfnissen der Bevölkerung treffen.

 

Nach oben

Föderalismus im Wandel

Im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sind die Beziehungen zwischen dem Bund und den Ländern kooperativ geregelt. Diese besondere Ausgestaltung des bundesdeutschen Föderalismus unterliegt einem permanenten Wandel – und immer wieder muss nachjustiert werden.

Im Jahr 2006 kam es zu einer ersten großen Reform des Föderalismus, bei der versucht wurde, die zunehmende Verflechtung von Bund und Ländern einfacher und übersichtlicher zu gestalten. Generell wurde der Bund bei der Gesetzgebung gestärkt und das Gesetzgebungsverfahren sollte transparenter und schneller werden. Auch wurde beschlossen, dass der Bund den Gemeinden keine Aufgaben mehr übertragen darf, also nicht bis auf die kommunale Ebene „durchgreifen“ darf. Im Gegenzug wurden manche Kompetenzen der Länder gestärkt, etwa im Bildungs- und Umweltbereich.

Bei einer zweiten großen Föderalismusreform im Jahr 2009 standen die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern im Zentrum. Eingeführt wurden vor allem neue Schuldengrenzen – sowohl für den Bund als auch für die Länder.

Bereits mit Verabschiedung der Föderalismusreform II begann auch schon die Kritik an ihr, was zeigt: Die föderalen Finanzbeziehungen sind ein Dauerthema. Wenn Bund, Länder und Gemeinden auf die globalen ökonomischen und ökologischen Herausforderungen, aber beispielsweise auch auf den demographischen Wandel reagieren wollen, so zahlreiche Fachleute, bedarf es bald schon einer erneuten Föderalismusreform.

Letztendlich geht es bei der Föderalismusdebatte aber immer auch darum, Entscheidungsprozesse und Zuständigkeiten deutlich zu machen, die jeweilige politische Ebene zu schärfen und damit auch Politik für die Bürgerinnen und Bürger transparenter und verständlicher zu machen.

Nach oben

Vollzeitparlament

Als letztes der deutschen Flächenländer hat sich der Landtag von Baden-Württemberg 2011 dazu entschieden, von einem Teilzeit- zu einem Vollzeitparlament zu werden. In „beschränktem Umfang" sind andere berufliche Tätigkeiten der Abgeordneten aber dennoch möglich.

Seit 2016 gibt es auch eine Unvereinbarkeit von Amt und Mandat: Ein in den Landtag gewählter Beamter mit Dienstbezügen scheidet mit der Annahme seiner Wahl aus seinem Amt aus. So dürfen zum Beispiel auch (Ober-)Bürgermeister:innen oder Landrätinnen bzw. Landräte nicht mehr im Landtag sitzen.

Mehr Infos zu den Rechten und Pflichten von Abgeordneten

Nach oben

Das Parlamentsgebäude

1961 wurde das Haus des Landtags in Stuttgart als erster Parlamentsneubau in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg eingeweiht. Das Gebäude, 1957 von dem Mainzer Architekten Kurt Viertel entworfen, erhebt sich zwischen dem Neuen Schloss und dem Großen Haus des Württembergischen Staatstheaters. Es hat eine quadratische Grundfläche von 55 auf 55 Metern und eine Höhe von zwölf Metern.

Von 2013 bis 2016 wurde das Gebäude anhand der Entwürfe von „Staab Architekten“ generalsaniert. Während der Umbauphase fanden die Plenarsitzungen im Kunstgebäude am Schlossplatz statt. Die Ausschüsse tagten während der Interimszeit im Haus der Abgeordneten. Abgeordnetenbüros und Räume für die Landtagsverwaltung wurden im benachbarten Königin-Olga-Bau an der Bolzstraße/Stauffenbergstraße eingerichtet. Während das Innere des Hauses auf den technisch und energetisch neuesten Stand gebracht wurde, bekam der Plenarsaal Tageslicht durch große Glasfronten sowie durch Lichtkegel und -zylinder.

Im Plenarsaal sitzen die Abgeordneten – mit Ausnahme der Fraktionsvorstände – in der Regel in alphabetischer Reihenfolge. Seitlich der Abgeordneten befinden sich die Studios des Südwestrundfunks und privater Rundfunkanstalten. Die Zeitungsjournalistinnen und -journalisten haben ihre festen Plätze auf der Pressetribüne über der Regierungsbank. Auf den Zuschauerrängen finden 170 Gäste Platz. Raum für Begegnungen und für repräsentative Veranstaltungen bietet die Wandelhalle im Hauptgeschoss.

Um den Plenarsaal herum gruppieren sich im Haupt- und Obergeschoss die kleinen Sitzungssäle sowie Arbeitsräume der Fraktionen, der Landesregierung und der Landtagsverwaltung. Als Ort des Innehaltens und für ökumenische Andachten wurde 2019 im Untergeschoss der neu geschaffene „Raum der Stille“ seiner Bestimmung übergeben.

Die Versteinerungen an der großen Schieferwand in der Eingangshalle stammen aus der Nähe von Holzmaden am Fuß der Schwäbischen Alb und sind mindestens 140 Millionen Jahre alt. Die Porträtbüsten vor der rechten hinteren Seitenwand stellen ehemalige Landtagspräsidenten dar. Das Triptychon „Paraphrasen zu den Nationalfarben“ auf der linken Seite hat der Stuttgarter Künstler Otto Herbert Hajek geschaffen.

 

Das 1987 bezogene Haus der Abgeordneten auf der anderen Seite der Konrad-Adenauer-Straße ist durch einen 136 Meter langen Tunnel mit dem Landtag verbunden. Mehr als 200 Büroräume, darunter rund 100 Zimmer für Abgeordnete sowie Fraktions- und Besprechungszimmer, zählt dieser achtgeschossige Bau. Hinzu kommen das Informationszentrum, die Druckerei, der Drucksachenversand, Archiv- und Registraturräume, ein Technikbereich und eine Tiefgarage.

Das Haus der Abgeordneten befindet sich an der Stuttgarter Kulturmeile in Nachbarschaft zu Stadtpalais (Stadtmuseum Stuttgart), Hauptstaatsarchiv, Landesbibliothek, Württembergischen Staatstheatern, Staatsgalerie, Musikhochschule und Haus der Geschichte Baden-Württemberg. Weitere Häuser der Abgeordneten und Dependancen unterhält der Landtag im Königin-Olga-Bau in der Stauffenbergstraße sowie in Gebäuden in der Ulrichstraße und Urbanstraße.

Seit Juni 2017 ergänzt das von Henning Larsen GmbH entworfene Bürger- und Medienzentrum den Landtag. Der multifunktionale unterirdische Erweiterungsbau mit Agora wird unter anderem für Veranstaltungen, Pressekonferenzen und Seminare genutzt. Eine Dauerausstellung mit analogen, digitalen, interaktiven und spielerischen Elementen informiert über Arbeit, Aufgaben und Funktion des Parlaments.

Nach oben

Der 17. Landtag

Der 17. Landtag von Baden-Württemberg besteht aus 154 Mitgliedern. Das sind 34 Abgeordnete mehr als die gesetzlich vorgesehene Anzahl von 120. Damit sitzen im neuen Landtag elf Abgeordnete mehr als im letzten.

Jüngste Abgeordnete ist Alena Trauschel von der FDP (*1999), ältester Abgeordneter Winfried Kretschmann von Bündnis 90/Die Grünen (*1948). Von den 154 Abgeordneten sind 45 Frauen (29,2 Prozent). Jede und jeder Abgeordnete repräsentiert etwa 77.600 Einwohner:innen von Baden-Württemberg.

Mehr Infos zu den Abgeordneten

Sitzverteilung und Zusammensetzung des 17. Landtags

zum Zeitpunkt nach der Wahl im März 2021

ParteiErstmandatZweitmandatzusammen
Logo Bündnis 90/Die Grünen58-58
Logo CDU123042
Logo SPD-1919
Logo FDP-1818
Logo AfD-1717
insgesamt7084154

58 Abgeordnete bilden die Fraktion GRÜNE, 42 die Fraktion der CDU, 19 die der SPD, 18 die der FDP/DVP und 17 die der AfD.

Quelle: Landtag BW

Nach oben

Landtagsreform Baden-Württemberg

Um das eigene Image zu verbessern und für mehr Transparenz als bisher zu sorgen, beschloss der Landtag von Baden-Württemberg am 26. Juli 2007 mit großer Mehrheit eine Reform des Landtags. Lediglich sechs der insgesamt 139 Parlamentarier:innen stimmten mit Nein, vier weitere Abgeordnete enthielten sich. Allerdings kam die Reform aufgrund eines Streits um Funktionszulagen für Abgeordnete ins Stocken.

Am 11. März 2008 kam es schließlich zu einer Einigung zwischen den vier Fraktionen – die Weichen für ein modernes Landesparlament wurden gestellt. Am 30. April 2008 verabschiedete der Landtag die Parlamentsreform mit großer Mehrheit.

Hintergrundinfos: Die Regelungen der Parlamentsreform im Einzelnen

  • Diäten und Altersversorgung:
    Die Abgeordnetenbezüge, die veröffentlichungspflichtig sind, wurden geltend ab 2011 neu geregelt. Die Grunddiät - auch als Entschädigung bezeichnet – ist einkommenssteuerpflichtig und wurde erhöht. Im Gegenzug zur Erhöhung sollten die Abgeordneten anstatt der bisherigen staatlichen Pension sich nun selbst vorsorgen. Dafür erhalten sie das sogenannte Übergangsgeld. Mehr Infos zu den Diäten
  • Unvereinbarkeit von Amt und Mandat:
    Seit 2016 gilt die Unvereinbarkeit von Amt und Mandat. Angehörige des öffentlichen Dienstes und Beamte müssen dann für die Dauer ihrer Parlamentstätigkeit ihr Amt ruhen lassen. Durch diese Entwicklung von einem Teilzeit- zu einem Vollzeitparlament soll die Gewaltenteilung gestärkt werden. Zuvor gab es eine löchrige Unvereinbarkeit von Amt und Mandat. Während eine bzw. ein Ministerialbeamter bzw. -beamtin das Amt ruhen lassen musste, war das für Beamtinnen und Beamte der unteren Verwaltungsbehörden keine Voraussetzung. Auch Bürgermeister waren in stattlicher Zahl vertreten.
  • Änderung der Geschäftsordnung:
    Ab 2009 wurde die Geschäftsordnung des Landtags geändert: Die Fraktionen erhielten zusätzlich die Möglichkeit der Regierungsbefragung und der Kurzintervention, um eine größere „Waffengleichheit“ zwischen Regierung und Parlament zu schaffen, da Abgeordnete Minister:innen und den Ministerpräsidenten „ins Verhör nehmen“ können. Dazu gehört auch ein kürzerer Rhythmus der Tagungen.
  • Neuer Zuschnitt der Wahlkreise:
    Das bisherige Wahlsystem begünstigte Kandidat:innen in großen Wahlkreisen, da Mandate nach der absoluten Stimmanzahl vergeben werden. Mit der Wahlkreisreform sollten Missverhältnisse der Zahl der Wahlberechtigten zur Wahlkreisgröße vermieden werden, deren Größe sich nur noch um plus beziehungsweise minus zehn bis 15 Prozent unterscheiden sollen. Die Zahl der Wahlkreise blieb entgegen früheren Überlegungen unangetastet. Außerdem wurde die Vergabe der Zweitmandate verändert. Sie werden in einer Mischung aus Prozentergebnis und absoluter Stimmenzahl vergeben, um kleineren Parteien entgegenzukommen.

Nach oben

Weiterführende Informationen

LpB-Zeitschrift Politik & Unterricht „Der Landtag“ (2004)

Grundlage für einen gelungenen Landtagsbesuch ist eine fundierte Vorbereitung der Schülerinnen und Schüler durch die sie betreuenden Lehrkräfte, denen hierbei große Verantwortung zukommt. Das vorliegende Heft möchte Lehrerinnen und Lehrer bei dieser Aufgabe unterstützen und einen Beitrag zum besseren Verständnis des Parlamentarismus leisten. Auch wenn die Schülerinnen und Schüler den Landtag nicht besuchen, sich mit dem Parlament also ausschließlich im Unterricht befassen, bietet diese Broschüre die Möglichkeit zu einer interessanten Annäherung an die Institution und deren Arbeitsweise. 

Nach oben

Nach oben

Autor: Internetredaktion LpB BW | Letzte Aktualisierung: Januar 2022.

Cookieeinstellungen
X

Wir verwenden Cookies

Wir nutzen auf unseren Websites Cookies. Einige sind notwendig, während andere uns helfen, eine komfortable Nutzung diese Website zu ermöglichen. Einige Cookies werden ggf. für den Abruf eingebetteter Dienste und Inhalte Dritter (z.B. YouTube) von den jeweiligen Anbietern vorausgesetzt und von diesen gesetzt. Gegebenenfalls werden in diesen Fällen auch personenbezogene Informationen an Dritte übertragen. Bitte entscheiden Sie, welche Kategorien Sie zulassen möchten.