Sitzverteilung nach der Wahl

Aus Sicht der Wählerinnen und Wähler ist die Landtagswahl in Baden-Württemberg recht einfach. Sie haben nur eine Stimme zu vergeben. Wahlberechtigt ist, wer alle folgenden vier Kriterien erfüllt: Besitz der deutsche Staatsbürgerschaft, Vollendung des 18. Lebensjahres, (Haupt-)Wohnsitz in Baden-Württemberg seit mindestens drei Monaten, keinen Ausschluss vom Wahlrecht durch einen Richterspruch.

Kompliziert wird es erst nach der Auszählung: Mindestens 120 Mandate sind in einer Mischung aus Persönlichkeits- und Verhältniswahl zu verteilen. Hinzu kamen dann Überhang- und Ausgleichsmandate. Die Sitzverteilung erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren. Nicht berücksichtigt sind bei der folgenden Erklärung die Sonderbedingungen, die dann gelten, wenn ein Direktmandat an eine Einzelbewerberin oder einen Einzelbewerber geht bzw. an eine Parteibewerberin oder einen Parteibewerber, deren bzw. dessen Partei landesweit weniger als fünf Prozent der gültigen Stimmen erreicht hat. Dieser Fall ist in den letzten Landtagswahlen nicht aufgetreten.

Das Wahlrecht, das für die Landtagswahlen in Baden-Württemberg maßgebend ist, verbindet Elemente der Persönlichkeitswahl mit den Grundsätzen der Verhältniswahl (Art. 28 Landesverfassung). Die näheren Grundsätze sind im Landtagswahlgesetz enthalten.

Seit der Wahl am 27. März 2011 wird die Anzahl der Sitze im Landtag von Baden-Württemberg nach dem Höchstzahlverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers berechnet.

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Die Sitzverteilung Schritt für Schritt erklärt

  • 1. Schritt: Verteilung der Sitze auf die Parteien

    Ermittlung des landesweiten Ergebnisses: Alle Stimmen werden zusammengezählt, die alle Bewerberinnen und Bewerber einer Partei in den 70 Wahlkreisen bekommen haben (Gesamtstimmenzahl).

    120 Sitze (Mandate) werden nach dem Höchstzahlverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers unter den Parteien verteilt, die landesweit mindestens fünf Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen erreicht haben (Fünfprozentklausel).
    Beispiel 2016 (Sitze): Grüne: 39, CDU: 35, AfD: 19, SPD: 16, FDP: 11.

  • 2. Schritt: Regionale Verteilung der Sitze innerhalb der Parteien

    Die Sitze, die jeder Partei zustehen, werden nun innerhalb dieser Partei regional auf die vier Regierungsbezirke des Landes Stuttgart (S), Karlsruhe (KA), Freiburg (FR) und Tübingen (TÜ) verteilt. Es wird dabei wieder das Höchstzahlverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers angewendet.

  • 3. Schritt: Erste Zuteilung von Sitzen an Bewerberinnen und Bewerber (Direktmandate)

    Wer in einem der 70 Wahlkreise die meisten Stimmen erreicht hat (einfache Mehrheit), ist „direkt“ gewählt. So werden die ersten 70 Erstmandate (Direktmandate) vergeben. Beispiel 2016 (Direktmandate): Grüne: 46, CDU: 22, AfD: 2, FDP und SPD: 0.

    Die 46 Direktmandate für die Grünen verteilen sich folgendermaßen auf die Regierungsbezirke: Stuttgart (18), Karlsruhe (12), Freiburg (10) und Tübingen (6). Die Partei hat somit in den Regierungsbezirken Stuttgart (4), Karlsruhe (3) und Freiburg (1) insgesamt acht Mandate mehr erreicht, als ihr nach dem landesweiten Ergebnis zustünden (vgl. Schritt 1). Diese acht Mandate sind sogenannte Überhangmandate. Weil alle direkt gewonnen Mandate werden vergeben, erhöht sich die Zahl der Sitze im Landtag somit zunächst auf 128.

     

  • 4. Schritt: Zweite Zuteilung von Sitzen an Bewerberinnen und Bewerber (Zweitmandate)

    Innerhalb der Regierungsbezirke werden nun die noch freien Sitze verteilt. Neben die Direktmandate treten die Zweitmandate. Maßgeblich für die Reihenfolge, nach der die einer Partei zustehenden Zweitmandate vergeben werden, ist der prozentuale Stimmenanteil der Bewerberinnen und Bewerber in ihrem Wahlkreis, die kein Direktmandat gewonnen haben.

     

  • 5. Schritt: Zusätzliche Zuteilung von Sitzen an Bewerberinnen und Bewerber („Ausgleichsmandate“)

    Fallen in einem Regierungsbezirk Überhangmandate an (vgl. Schritt 3), muss dort geprüft werden, ob die Verteilung der Sitze zwischen den Parteien nach Sainte-Laguë/Schepers noch stimmt. Sonst muss ausgeglichen werden. So wurden 2016 insgesamt 15 Ausgleichsmandate vergeben. Diese Sitze werden an diejenigen Kandidatinnen und Kandidaten mit den nächstbesten Ergebnissen vergeben (vgl. Schritt 4). Beispiel 2016 (Ausgleichsmandate): CDU: 7, AfD: 4, SPD: 3, FDP: 1.

    Die Anzahl der Sitze erhöht sich also um 15 Ausgleichsmandate. Aufgrund des Ergebnisses der Landtagswahl vom 13. März 2016 gehören dem Landtag 143 Abgeordnete an.

     

Wie aus Stimmen Sitze werden, aus: Landtagswahl 2021 in Baden-Württemberg, P&U aktuell 20, S. 14 f. Grafik: Studio für Mediendesign, Christoph Lang, Rottenburg/N.

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Reform des Wahlsystems?

Auch für den Landtag von Baden-Württemberg wird eine Reform des Wahlsystems angemahnt. Welche Perspektiven gibt es? In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift „Bürger & Staat“ 4/2020 erörtert Prof. Dr. Joachim Behnke den Lösungsvorschlag „BaWü-Plus“. Zum Artikel

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Rückblick

Zusammenstellung der Sitze 2016

Sitzverteilung nach den Ergebnissen der Wahl zum 16. Landtag von Baden-Württemberg am 13. März 2016: Sitzverteilung im Landtag 

  • Erstmandate in den Regierungsbezirken und im Land, Sitzverteilung auf die Parteien im Land
  • Sitzverteilung auf die Regierungsbezirke (CDU, Grüne, AfD, SPD, FDP)
  • Verhältnisausgleich in den Regierungsbezirken Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen
  • Sitzverteilung auf die Wahlkreise in den Regierungsbezirken Stuttgart, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen
  • Zusammenstellung der Sitze in den Regierungsbezirken und im Land

Neue Wahlkreisaufteilung 2011

Die Wahlkreisgröße spielte in der Vergangenheit eine wichtige Rolle, weil es in einem Wahlkreis mit vielen Stimmberechtigten leichter ist, eine hohe Anzahl an absoluten Stimmen zu erringen als in Wahlkreisen mit weniger Stimmberechtigten. Kandidatinnen und Kandidaten in den größeren Wahlkreisen haben so eine höhere Chance, ein Zweitmandat zu erringen. Die SPD-Spitzenkandidatin Ute Vogt verlor z.B. 2001 den Wahlkreis Pforzheim an Stefan Mappus (CDU). Weil der Wahlkreis klein ist, schaffte sie auch über die Zweitauszählung nicht den Einzug in den Landtag. Auch Justizminister Ulrich Goll verfehlte so 2001 ein Landtagsmandat.

Die neu festgelegte Wahlkreisgröße unterscheidet sich seit der Landtagswahl 2016 nur noch um plus beziehungsweise minus zehn bis 15 Prozent.

Service BW: Sitzverteilung
wahlrecht.de: Höchstzahlverfahren nach Sainte-Laguë

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Letzte Aktualisierung: Januar 2021, Internetredaktion der LpB BW

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