Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen

zur Landtagswahl in Baden-Württemberg 2021

Das Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen für die Landtagswahl 2021 wurde auf dem digitalen Parteitag am 12. und 13. Dezember 2020, der 37. Landesdelegiertenkonferenz, beschlossen. Unter dem Motto „Wachsen wir über uns hinaus“ stellen die Grünen vier Kernaussagen in den Mittelpunkt (S. 19):

  • „Wir wollen Baden-Württemberg erhalten und kämpfen für konsequenten Klimaschutz, damit unser Planet auch für kommende Generationen lebenswert bleibt.
  • Wir wollen Baden-Württemberg erneuern und streben eine Wirtschaft an, die innovativ, ökologisch und sozial gerecht ist.
  • Wir wollen Baden-Württemberg zusammenhalten und treten ein für eine vielfältige Gesellschaft, in der alle Menschen gerechte Chancen haben.
  • Und wir wollen Baden-Württemberg leben und all das stärken, was unser Land ausmacht – Demokratie und Freiheit, lebendige Kommunen und europäische Solidarität.“

Im Folgenden analysiert die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg das Wahlprogramm der Grünen nach zentralen Wahlthemen.

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Bildung und Erziehung

Kinderbetreuung und -erziehung

Ziel der Grünen ist es, „den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft“ zu entkoppeln. Alle Kinder müssten die gleichen Chancen haben, sich frei zu entfalten und zu entwickeln. Das beginne schon bei den Kleinsten, weshalb die Grünen die Krippen- und Kitaplätze weiter ausbauen möchten (S. 177). Auch die Sprachbildung möchte die Partei in Kita und Grundschule fördern und verbessern, weil Sprache der Schlüssel zur Bildung sei (S. 194). Um das Problem des Fachkräftemangels zu lösen, soll es noch mehr Ausbildungsplätze nach dem Modell der praxisintegrierten Ausbildung (PiA) geben. Auch sollten gezielt Männer für den Erzieherberuf angeworben werden. Auf der Agenda der Partei stehen auch bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne für Beschäftigte in der Kinderbetreuung und -erziehung. Kita-Gebühren sollen künftig „gestaffelt nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Familie“ erhoben werden (S. 181).

Schulbildung

Die Grünen möchten das Fortbildungsangebot für Lehrkräfte und Schulleitungen ausbauen, um die Qualität an Schulen zu verbessern (S. 182 f.). In Grundschulen sollen multiprofessionelle Teams mit Fachkräften für Pädagogik, Psychologie, Ergotherapie, Logopädie usw. zum Einsatz kommen, um die Kinder ganzheitlich zu fördern. Anhand einer „sozialindexbasierten Ressourcenzuweisung“ möchten die Grünen finanzielle Unterschiede zwischen den (Grund-)Schulen ausgleichen und so die Chancengleichheit für alle Kinder nachhaltig verbessern (S. 184). Außerdem spricht sich die Partei für den „rhythmisierten Ganztag“ aus, der einen Wechsel zwischen Arbeits- und Entspannungsphasen vorsieht (S. 190). Die Grünen fordern schließlich, dass sich alle Schulen für Inklusion öffnen müssten und das „Zwei-Pädagog*innenprinzip“ durchgehend zu realisieren sei. Dafür brauche es mehr Fachkräfte für Sonderpädagogik (S. 189).

Digitalisierung von Schulen

Die Grünen möchten alle Schulen mit Breitband und WLAN sowie alle Lernenden und Lehrkräfte mit digitalen Endgeräten ausstatten. Auch müsse es mehr IT-Stellen an Schulen für den technischen Support geben. Anhand von neu entwickelten Mediencurricula sollen mehr digitale Bausteine für Lernplattformen und entsprechende Lehr- und Lernmaterialien erarbeitet werden. Auch die Aus- und Fortbildung von Lehramtsstudierenden und Lehrkräften in der Medienbildung orientiere sich künftig an diesen Curricula. Schulübergreifend brauche es „digitale Lehr- und Lernerfahrungsräume“ für den gegenseitigen Austausch. Neben der Medienbildung spiele die politische Bildung an Schulen eine zunehmend wichtige Rolle. Zur wissenschaftlichen Begleitung des Digitalisierungsprozesses schlagen die Grünen eine Forschungsplattform „Digitalität in der Schule“ vor (S. 187 f.).

Mehr zum Thema „Hochschule, Wissenschaft und Forschung“ im Wahlprogramm ab S. 120.

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Corona und Finanzen

Ökologische Finanzpolitik nach der Krise
Für die Grünen ist „eine vorausschauende Haushaltspolitik, die für Risiken vorsorgt und so im Krisenfall handlungsfähig bleibt, [...] elementar wichtig". Das habe die Corona-Pandemie gezeigt und sei auch vonnöten, um die wirtschaftlichen Folgen der Krise in den kommenden Jahren zu bewältigen (S. 85). Grundsätzlich strebt die Partei eine transparente, nachhaltige und am Klimaschutz ausgerichtete Finanzpolitik an. So sollen alle finanzpolitischen Entscheidungen und Haushaltsposten auf ihre Vereinbarkeit mit dem 1,5-Grad-Ziel und dem Artenschutz hin überprüft werden (S. 86, 90). Auch das Beschaffungswesen, Förderprogramme und Unternehmen mit Landesbeteiligung sollen einem Klima- und Nachhaltigkeitscheck unterzogen werden (S. 86 f.). Landesvermögen in Form von Gebäuden, Straßen und weiterer Infrastruktur müsse gepflegt und erhalten bleiben und der Sanierungsstau müsse weiter abgebaut werden (S. 87 f., 90). Die „grüne Null“ mit einem Verzicht auf ökologische Schulden geben die Grünen als finanzpolitisches Ziel aus (S. 88).

Steuerpolitik
Auch im Steuerrecht treten die Grünen für eine „konsequente Ökologisierung“ ein. So möchte die Partei eine Grundsteuer C für baureife Grundstücke erheben, um Bodenspekulationen einzudämmen. Um für mehr Steuergerechtigkeit zu sorgen, ist für die Grünen eine gute personelle Ausstattung und fortschreitende Digitalisierung der Finanz- und Steuerverwaltung unerlässlich (S. 92 f.).

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Digitalisierung

Digitalisierung nach grünen Leitlinien
Grundsätzlich möchten die Grünen die Digitalisierung nach „grünen Leitlinien“ gestalten. Ein besonderes Augenmerk liege hierbei auf dem enormen Energie- und Ressourcenverbrauch der digitalen Welt. Daher möchte die Partei die Green-IT-Strategie erweitern, indem etwa Green Coding, also stromsparendes und umweltfreundliches Programmieren, gefördert und die gesamte IT-Infrastruktur von Land und Kommunen klimaneutral aufgestellt werden. Seltene Rohstoffe, die vielfach in elektronischen Geräten vorkommen, sollen zudem besser recycelt werden (S. 144 f.).

Infrastruktur und Menschen fit machen für Digitalisierung
„Digitalisierung soll Mensch und Umwelt dienen“ (S. 140), sei also kein Selbstzweck. Grundlegend hierfür sei ein flächendeckendes Breitbandnetz, damit schnelles Internet überall und für alle zur Verfügung steht. Dies möchten die Grünen weiter ausbauen (S. 141 f., 146). Wichtig sei hierbei aber auch, die Menschen im Land für die Digitalisierung fit zu machen, sei es an Schulen, am Arbeitsplatz oder durch entsprechende Bildungsangebote für breite Bevölkerungsschichten. Auch der Datenschutz und die IT-Sicherheit im Land spiele hierbei eine zentrale Rolle. Zudem spricht sich die Partei für Open Data und Open-Source-Anwendungen aus (S. 146–148).

Förderung von Künstlicher Intelligenz
Neben der Bereitstellung der nötigen digitalen Infrastruktur und der Befähigung zum souveränen Umgang mit digitalen Angeboten möchten Die Grünen die Forschung zu Künstlicher Intelliganz und Quantentechnologie weiter ausbauen. Insbesondere solle auch die Gründerszene in diesem Bereich unterstützt werden. Gleichzeitig habe die Partei immer auch die ethischen und gesellschaftlichen Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz und der Digitalisierung insgesamt im Blick (S. 142–144).

E-Government
Schließlich setzen sich die Grünen das Ziel, eine „barrierefreie, digitale Verwaltung, die den Alltag von Bürger*innen und Unternehmen erleichtert“ (S. 151), zu schaffen. E-Government-Angebote sollen ausgebaut und digitale Plattformen zur partizipativen Beteiligung an politischen Entscheidungsprozessen vorangetrieben werden. Die Verwaltungsdaten des Landes sollen als „Open Government Data“ verständlich aufbereitet und für alle zugänglich gemacht werden (S. 148–150).

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Flucht, Asyl und Integration

Integration begreifen die Grünen als „Prozess, den die Mehrheitsgesellschaft und die Menschen, die zu uns kommen, gemeinsam gestalten müssen“. Daher setzt die Partei auf die Toleranz, Offenheit und Solidarität aller im Land (S. 246). Durch ein Landesaufnahmeprogramm für Menschen in Notsituationen soll Baden-Württemberg gezielter Flüchtlinge aufnehmen und unterstützen können und so zu einem „sicheren Hafen“ werden. Sind Flüchtlinge im Land angekommen, benötigen sie gut ausgestattete Erstaufnahmeeinrichtungen, schnelle und faire Asylverfahren, einen direkten Zugang zu Sprachangeboten sowie eine umfassende Sozial- und Rechtsberatung. Die ehrenamtliche Flüchtlingshilfe möchte die Partei weiter stärken, als Land aber auch einen Beitrag leisten, Fluchtursachen in den Herkunftsländern zu bekämpfen (S. 240–242).

Für die Partei ist es zentral, dass Geflüchtete schnellstmöglich und unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus durch den Besuch von Kita und Schule, eine Ausbildung oder einen Arbeitsplatz in die Gesellschaft integriert werden. Dafür müssten ausländische Abschlüsse unbürokratischer anerkannt, der Familiennachzug erleichtert und die Bleibeperspektiven insgesamt verbessert werden (S. 243–246).

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Gesundheit und Pflege

Medizinische Versorgung
Die Grünen möchten für eine dezentrale und bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung aller Bürgerinnen und Bürger in allen Teilen Baden-Württembergs sorgen. Dazu soll für die ärztliche Versorgung vor allem im ländlichen Raum noch mehr getan werden: mehr Studienplätze für Humanmedizin, bessere Arbeitsbedingungen, der Ausbau digitaler medizinischer Beratungs- und Behandlungsangebote sowie die Schaffung von Primärversorgungszentren, in denen verschiedene Gesundheitsberufe übergreifend zusammenarbeiten (S. 213).

Die Prävention und Gesundheitsvorsorge spielt für die Grünen eine besondere Rolle, sei es die gesunde Ernährung in Kita und Schule, das Gesundheitsmanagement am Arbeitsplatz, die Sucht- und Suizidprävention oder geriatrische Angebote für ältere Menschen. Hier müsse stärker in Aufklärung und Präventionsprogramme investiert und der öffentliche Gesundheitsdienst besser ausgestattet werden (S. 215 f.).

Die Krankenhäuser möchten die Grünen in kommunaler Trägerschaft erhalten und weiterhin massiv in den Krankenhausbau investieren (S. 218 f.). Zudem spricht sich die Partei für mehr Geschlechtersensibilität in der medizinischen Forschung und Gesundheitsversorgung aus (S. 219 f.).

Pflege
Die Grünen möchten „die häusliche Pflege stärken und Beratungs- und Hilfsangebote für pflegende Familienangehörige ausbauen“ (S. 221), da die meisten Pflegebedürftigen zu Hause von ihren Angehörigen betreut werden. Hier brauche es Entlastung und Unterstützung, beispielsweise durch mehr ambulante Angebote sowie Tages- und Kurzzeitpflegeplätze. Zudem möchte die Partei innovative Konzepte wie „Caring Communities“ testen, in denen man sich gemeinsam mit anderen aus seiner Nachbarschaft sowie professionellen Pflegekräften um Pflegebedürftige kümmert (S. 221–223).

Um dem Fachkräftemangel in Gesundheitsberufen entgegenzuwirken, brauche es, so die Grünen, eine Aufwertung dieser Berufe. Dazu würden höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen, eine qualitativ hochwertige Ausbildung inklusive Vergütung sowie mehr Verantwortung und Mitsprache im beruflichen Alltag beitragen (S. 224 f.).

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Innere Sicherheit

Polizei und Justiz
Um Sicherheit und einen funktionierenden Rechtsstaat im Land zu garantieren, brauche es bürgernahe, motivierte und gut ausgebildete Beschäftigte bei Polizei und Justiz, darunter mehr Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund. Daher möchten die Grünen die Polizei und Justiz personell und technisch weiter gut ausstatten. Insbesondere bei der Digitalisierung der Polizei gebe es noch viel zu tun, so die Grünen (S. 266 f., 277–279).

Sicherheitspolitik
Sicherheitspolitik müsse ganzheitlich gedacht werden. Neben klassischer polizeilicher Kriminalprävention bedürfe es der Einbeziehung städtebaulicher Aspekte, kommunaler Belange und der Straßensozialarbeit. Die verschärften Sicherheitsgesetze möchten die Grünen kritisch überprüfen, insbesondere die intelligente Videoüberwachung und die heimliche Überwachung durch die Polizei (S. 270–272).

Demokratie und Rechtsstaatlichkeit
Die Grünen verfolgen eine „Politik des Gehörtwerdens und der Transparenz“. Bürgerbeteiligung werde daher großgeschrieben. So möchte die Partei beispielsweise Bürgerräte bei wichtigen Gesetzesvorhaben oder ein Online-Vorschlagswesen zu landespolitischen Themen einführen. Auch die Hürden für Volksbegehren und Volksentscheide sollen gesenkt werden. Ferner sollen künftig schon 16-Jährige sowie EU-Bürgerinnen und -Bürger bei Landtagswahlen abstimmen dürfen (S. 262–264).

Diskriminierung, Rassismus, Rechtsextremismus und Hasskriminalität möchten die Grünen entschieden begegnen und dazu einen entsprechenden Aktionsplan mit verschiedenen Maßnahmen entwickeln. Dieser sieht unter anderem themenspezifische Fortbildungen für Beschäftigte von Polizei und Justiz oder die Schaffung einer Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft vor. Auch die wissenschaftliche Beschäftigung mit diesem Themenkomplex müsse gestärkt und in Ausbildung, Studium und Forschung noch mehr verankert werden. Schließlich komme der informativen und präventiven Arbeit zivilgesellschaftlicher Institutionen und Organisationen der politischen Bildung eine wichtige Rolle zu (S. 238 f., 272–276).

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Umwelt und Energie

Ökologie und Ökonomie erfolgreich verbinden
Für die Grünen soll Baden-Württemberg zeigen, dass es möglich ist, wirtschaftlich erfolgreich zu sein und gleichzeitig das Klima zu schützen (S. 26). Dazu möchten die Grünen ein Sofortprogramm für Klimaschutz und Energiewende auf den Weg bringen: Das 2013 verabschiedete Klimaschutzgesetz und das Integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept sollen „an die neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse, die Pariser Klimaziele, insbesondere den 1,5-Grad-Pfad, und die Klimaziele der Europäischen Union“ angepasst werden (S. 28).

Ausbau der erneuerbaren Energien
Um Baden-Württemberg klimaneutral zu machen, müsse der Anteil der erneuerbaren Energien weiter ausgebaut werden. Dies gelinge unter anderem durch mehr Photovoltaikanlagen auf neuen Wohngebäuden und den Ausbau von Freiflächen-Photovoltaik entlang von Straßen, auf landwirtschaftlichen Flächen oder Baggerseen (schwimmende Solarparks). Außerdem setzt die Partei auf den Ausbau der Windkraft: 1.000 neue Anlagen sollen im Staatswald und auf weiteren Flächen entstehen (S. 28, 36 f.). Für Bürgerinnen und Bürger sowie Anliegerkommunen möchten die Grünen mehr Anreize schaffen, selbst Energie aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen und in die Netze einzuspeisen (S. 38). Auch die Förderung und Nutzung von „grünem“ Wasserstoff müsse vorangetrieben werden (S. 34).

Klimaneutrale Verwaltung
Bei der Einsparung von CO2-Emissionen und dem Klimaschutz müsse die öffentliche Verwaltung Vorbild sein: Daher möchten die Grünen einen Schattenpreis von 180 Euro pro Tonne Kohlendioxid für Ministerien und Landesbehörden einführen, Landesförderprogramme einem Klimacheck unterziehen, Klimaschutzverwaltungen auf kommunaler und auf Landesebene einführen und die Finanzanlagestrategie des Landes klimaverträglich und nachhaltig gestalten. Jegliches Verwaltungshandeln solle auf Klimaverträglichkeit überprüft werden. Ziel ist es, dass die Landesverwaltung bis 2030 bilanziell klimaneutral arbeitet (S. 29 f., 32 f., 89).

Naturschutz und Landwirtschaft
Für den Naturschutz möchten die Grünen die Ausgaben weiter erhöhen, auf 150 Millionen Euro pro Jahr bis 2026. Außerdem sollen neue Naturschutzgebiete entstehen, Blumenwiesen und Streuobstwiesen geschützt, Stadtnatur gefördert sowie Flüsse und Bäche revitalisiert werden (S. 40–42). Der Partei schwebt ein Gesellschaftsvertrag zwischen Naturschutz, Landwirtschaft, Lebensmittelindustrie sowie Verbraucherinnen und Verbraucher vor, bei dem alle ihren Beitrag leisten, damit die Natur intakt bleibt, dem Artensterben ein Ende gesetzt wird und Landwirte angemessen für ihre Produkte bezahlt werden (S. 27, 67). Die ökologische Landwirtschaft soll 2030 mindestens 40 Prozent der bewirtschafteten Fläche ausmachen (S. 64) und Baden-Württemberg soll gentechnikfrei bleiben (S. 70).

Ökologische Kreislaufwirtschaft
Schließlich sprechen sich die Grünen für eine „ökologisch sinnvolle Kreislaufwirtschaft“ (S. 35), insbesondere in der Bauwirtschaft aus. Holz und Recyclingmaterial wie Recycling-Beton sollten beim Bauen vermehrt zum Einsatz kommen. Insgesamt müsse die Ressourceneffizienz in der Industrie gesteigert werden, indem weniger Rohstoffe verbraucht und diese besser wiederverwertet werden. Leitgedanke hier ist die Ultraeffizienzfabrik: „hoch innovativ, emissionsarm und ressourcenschonend“ (S. 27).

Weitere Wahlaussagen zum Themenkomplex „Ländlicher Raum, Landwirtschaft, Tier- und Naturschutz“ können Sie dem Wahlprogramm der Grünen (S. 62–80) entnehmen.

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Verkehr und Mobilität

Klimagerechte Mobilität
Die Grünen fordern eine ökologische Verkehrswende hin zu klimagerechter Mobilität. Ihre Ziele: „eine Minderung der CO2-Emissionen im Verkehr um 40 Prozent bis 2030, die Verdopplung des öffentlichen Verkehrs, die Reduzierung der mit dem Auto zurückgelegten Strecken um ein Drittel“ (S. 47). Dazu verfolgt die Partei zum einen eine lokale Strategie: Alle Kommunen im Land sollen Klimamobilitätspläne erstellen, in denen sie die Einhaltung der Klimaziele 2030 nachweisen müssen. Zum anderen soll ein Mobilitätswendegesetz für landesweite Strategien und Maßnahmen verabschiedet werden (S. 47 f.).

Öffentlicher Personennahverkehr
Um den öffentlichen Verkehr bis 2030 zu verdoppeln, setzen die Grünen weiter auf den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), insbesondere auch den Schienenverkehr. Mit einer „Investitionsoffensive in klimaneutrale Fahrzeuge und Infrastruktur“ (S. 49) möchten die Grünen den Schienenverkehr nahezu flächendeckend auf Strom umstellen und dafür sorgen, dass überwiegend emissionsfreie Busse mit Batterie- und Wasserstoffantrieb unterwegs sind. Zur Finanzierung des ÖPNVs sollen die Kommunen einen Mobilitätspass als Nahverkehrsabgabe einführen können (S. 48–50). Der ÖPNV müsse günstig sein, damit er für viele attraktiv ist. Daher schwebt den Grünen ein Jahresticket vor, das „vor Ort nicht mehr als einen Euro pro Tag kosten [soll], im Tarifverbund der Region nicht mehr als zwei Euro und im ganzen Land nicht mehr als drei Euro“ (S. 51).

E-Mobilität und Ausbau des Radverkehrs
Jedes dritte Auto solle bis 2030 klimaneutral unterwegs sein, so das Ziel der Grünen. Dafür möchte die Partei in der nächsten Legislaturperiode insbesondere die Ladeinfrastruktur flächendeckend ausbauen (S. 52 f.). Grundsätzlich soll der Auto- und Lieferverkehr bis in zehn Jahren jedoch zugunsten von mehr Rad- und Fußwegen deutlich gesenkt werden (S. 54–56). Straßen sollen zusätzliche Spuren für klimafreundliche Verkehrsmittel erhalten, autofreie Innenstädte gefördert und mehr Fahrradstellplätze und Bike-and-Ride-Stationen geschaffen werden. Im ländlichen Raum brauche es ein Netz aus Knotenpunkten, an denen man bequem vom Auto oder Fahrrad auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen könne (S. 54, 56 f.). Weitere Vorhaben der Grünen sind der Ausbau des Güterverkehrs weg von der Straße auf die Schiene und auf Wasserstraßen (S. 57 f.) sowie eine deutliche Reduktion des Flugverkehrs (S. 58 f.).

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Wirtschaft und Arbeit

Nachhaltige Transformation der Wirtschaft
Neben der Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie sind für die Grünen folgende Herausforderungen in den kommenden zehn Jahren zentral, die es zu meistern gelte: die Digitalisierung, der demographische Wandel sowie die Eindämmung der Klimakrise (S. 100). Ziel der Partei ist es, die wirtschaftliche Transformation „nachhaltig, klimafreundlich und sozial gerecht“ zu gestalten (S. 97). Dazu möchten die Grünen „Wachstum und Wohlstand vom Ressourcenverbrauch entkoppeln“ (S. 101) und Baden-Württemberg zu einem Industriestandort entwickeln, der CO2-neutral und als digitalisierte Recyclingwirtschaft ressourcenschonend produziert (S. 103 f.).

Automobilwirtschaft
Der Automobilwirtschaft als wichtiger Branche im Land schenken die Grünen besondere Aufmerksamkeit in ihrem Wahlprogramm. So möchte die Partei den Transformationsprozess in diesem Wirtschaftszweig durch vielfältige Möglichkeiten zur Weiterbildung der Beschäftigten unterstützen, Plattformen für den gemeinsamen Dialog weiter ausbauen und massiv in alternative Antriebe, künstlich-intelligente Fahrzeuge sowie in die Batterieforschung investieren (S. 104–107).

Gründerszene, Gesundheitssektor und Künstliche Intelligenz
Neben der Automobilwirtschaft nehmen die Grünen die Gründerszene in den Blick und möchten Start-ups als Innovationstreiber für das Land besonders fördern (S. 110 f.). Zudem setzt die Partei auf den Gesundheitssektor mit der Medizin, Medizintechnik und der Biotech-Branche (S. 112 f.) sowie auf die Zukunftsthemen Künstliche Intelligenz und Digitalisierung (S. 107–109). In beide Bereiche möchten die Grünen massiv investieren und Baden-Württemberg zu Vorzeigestandorten in Wissenschaft und Wirtschaft machen. Ein weiterer wichtiger Baustein für eine klimafreundliche Wirtschaft ist für die Grünen die Förderung von „grünem“ Wasserstoff als Energiequelle der Zukunft für viele Wirtschaftszweige (S. 106 f.).

Arbeitsmarktpolitik
Mit der Transformation der Wirtschaft gehen Veränderungen in der Arbeitswelt einher. Oberste Priorität habe hier die passgenaue und qualifizierte Weiterbildung, um „alle Beschäftigten fit für die Arbeitswelt 4.0 [zu] machen“ (S. 113). Die Grünen möchten ein Grundeinkommen für Qualifizierung und Weiterbildung einführen, damit sich alle Menschen — unabhängig von ihrer persönlichen und finanziellen Situation — beruflich qualifizieren können (S. 114). Mit speziellen Förderprogrammen sollen auch sozial benachteiligte Personen wie Alleinerziehende oder Jugendliche ohne Schulabschluss unterstützt werden (S. 115). Zudem setzt sich die Partei für Geschlechtergerechtigkeit, Chancengerechtigkeit und diskriminierungsfreie Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt ein (S. 117 f.).

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Wohnungsbau

Bezahlbarer und klimaneutraler Wohnraum
„Wohnraum für alle – bezahlbar und klimaneutral“ (S. 155) ist das Credo der Grünen bei ihrer Wohnungspolitik. In den nächsten zehn Jahren soll weiterer preisgünstiger Wohnraum geschaffen und zu hohen Mieten ein Ende gesetzt werden. Das bestehende Kompetenzzentrum Wohnen möchte die Partei zu einer Anlaufstelle für Kommunen und gemeinwohlorientierte Bauträger weiterentwickeln, die umfassend zu klimafreundlichem Planen und Bauen berät (S. 155–157).

Nachhaltiges Flächenmanagement
Außerdem brauche es ein nachhaltiges Flächenmanagement: Es müsse in die Höhe statt in die Breite gebaut, Flächen zum Wohle des Naturschutzes eingespart, vorhandene Brachflächen als Bauland genutzt und Flächentausche möglich gemacht werden (S. 159 f., 163 f.). Auch das Bauen mit regionalen und nachhaltigen Rohstoffen möchten die Grünen voranbringen, beispielsweise mit Holz oder Recycling-Beton. Zudem stehen die Ausstattung von Neu- und Bestandsgebäuden mit Photovoltaikanlagen oder die Förderung von „Tiny Houses“ (Mini-Häuser), auf der Agenda (S. 160 f.).

Siedlungsentwicklung — auch im ländlichen Raum
Nachhaltig ist für die Grünen jedoch nicht nur ökologisches Bauen, sondern auch eine Siedlungsentwicklung mit möglichst autofreien, lebendigen Ortskernen und Stadtquartieren, in der sich die Besorgungen des Alltags zu Fuß erledigen lassen und Begegnungen aller Art stattfinden können (S. 162 f.). Mehr Mehrgenerationenhäuser und barrierefreier Wohnraum, der Ausbau gemeinschatlicher Wohnformen und die Förderung von Coworking-Spaces im ländlichen Raum sind diesbezüglich weitere Bausteine der Wohnungspolitik der Grünen (S. 157 f.).

 

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Letzte Aktualisierung: Februar 2021, Internetredaktion der LpB BW

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