Rechte und Funktionen

Der Landtag ist keineswegs ein „Bundestag im Kleinen“, in dem die bundespolitischen Vorgaben oder die Beschlüsse der europäischen Ministerkonferenzen in Landesrecht überführt werden. Landtage haben einen durch das Grundgesetz garantierten Aufgabenbereich, der ihnen ein eigenständiges Profil mit besonderen Rechten und Funktionen verleiht.

In Art. 20 des Grundgesetzes ist die bundesstaatliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland zwingend vorgeschrieben. Ihr Bestand gilt als unantastbar. Auch eine Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag, die ansonsten für Verfassungsänderungen nötige Mehrheit, kann die Bundesstaatlichkeit nicht aufheben. Die letzte Reform des Landtags wurde 2008 beschlossen.

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Einfach erklärt: Aufgaben des Landtags

Gesetzgebung
Die wichtigste Aufgabe des Landtags ist die Gesetzgebung (Legislative). Die Abgeordneten diskutieren und stimmen über Gesetzesentwürfe ab. Damit aus dem Gesetzentwurf ein gültiges Gesetz wird, muss die Mehrheit der Abgeordneten zustimmen.

Der Landtag hat das Recht, ein Gesetz vorzuschlagen. Die meisten Gesetzesentwürfe kommen aber von der Regierung.

 

Haushaltsrecht
Der Landtag hat das Haushaltsrecht. Man sagt dazu auch „Königsrecht“. Die Abgeordneten entscheiden über den Landeshaushalt. Dafür muss die Regierung einen genauen Haushaltsplan mit den geplanten Ausgaben vorlegen.

 

Parlamentarische Kontrolle
Der Landtag kontrolliert die Regierung (Exekutive). Das ist vor allem die Aufgabe der Opposition.

Die Regierung muss sich auf Nachfrage vor dem Parlament verantworten. Die Abgeordneten haben für die parlamentarische Kontrolle der Regierung verschiedene Möglichkeiten:

  • Fragestunde, Regierungsbefragung, aktuelle Debatte und Dringlicher Antrag im Plenum.
  • Kleine schriftliche Anfragen einzelner Abgeordneter
  • Große schriftliche Anfragen von Fraktionen.
  • Untersuchungsausschuss – er ist das schärfste Mittel zur Kontrolle der Regierung.

 

Petitionsrecht
Alle Menschen im Land haben das Recht, sich mit Bitten oder Beschwerden an den Landtag zu wenden. Das nennt man „Petition“ (offizielles Gesuch). Über jede Petition entscheidet das Plenum des Landtags. Die Vorbereitung der Entscheidung findet im Petitionsausschuss statt.

Die Bürger und Bürgerinnen können sich auch an den Bürgerbeauftragten des Landes Baden-Württemberg wenden, wenn sie Unterstützung brauchen bei Behörden oder der Polizei.

 

Wahlfunktion
Die Landtagsabgeordneten wählen in geheimer Abstimmung
den/die Ministerpräsidenten/Ministerpräsidentin.

Er/sie benötigt die Mehrheit der Abgeordneten zum Regieren. Die Abgeordneten können einen Ministerpräsidenten auch wieder abwählen – mit dem sogenannten konstruktiven Misstrauensvotum. Damit kann der Landtag dem Ministerpräsidenten das Vertrauen entziehen und einen neuen Ministerpräsidenten wählen.

Texte aus: Baden-Württemberg einfach kennenlernen - eine Landeskunde, Bd. 2. Bestellen im LpB-Shop

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Gesetzgebungsfunktion

Die Landesgesetzgebung ist die wichtigste Aufgabe des Landtags. Die Abgeordneten diskutieren und stimmen über Gesetzesentwürfe ab. Damit aus einem Gesetzesentwurf ein gültiges Gesetz wird, muss die Mehrheit der Abgeordneten zustimmen. Das Recht zur Verfassungsänderung hat der Landtag mit einer Zweidrittelmehrheit der Abgeordneten.

Mit dem Etatrecht, dem sogenannten „Königsrecht“, beschließt der Landtag über den Landeshaushalt und damit über die Verwendung der öffentlichen Gelder. 

Im Zuge der Föderalismusreform erhielten die Länder eine erweiterte Gesetzgebungskompetenz sowie die ausschließliche Entscheidungskompetenz für einzelne Bereiche wie etwa die Bildungspolitik. Die Reform beinhaltet auch die Möglichkeit zu einem länderspezifischen Abweichungsrecht. 

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Gesetzesinitiativrecht

Ohne einen Beschluss des Landtags kann ein Landesgesetz nicht zustande kommen, es sei denn, ein Gesetz wird durch Volksabstimmung beschlossen. Es gibt drei Möglichkeiten, einen Gesetzesvorschlag in das Parlament einzubringen. Das so genannte Gesetzesinitiativrecht haben die Abgeordneten des Landtags, die Landesregierung und das Volk.

Die Bedeutung des Landtags als Instanz der Gesetzgebung kann als durch die Föderalismusreform  grundsätzlich gestärkt angesehen werden. Allerdings wird wohl auch künftig die Gesetzesinitiative vor allem von der Landesregierung ausgehen. Eine Fraktion oder aber mindestens acht Abgeordnete können zwar einen Gesetzentwurf in den Landtag einbringen, meist aber ist es die Landesregierung selbst, die dem Landtag Gesetzentwürfe zur Debatte und Abstimmung vorlegt. Sie verfügt mit der Ministerialverwaltung über die nötige Infrastruktur mit dem dazugehörigen Verwaltungswissen. In die Initiativen fließen auch die Beratungen mit Verbänden, Institutionen und Experten ein. Durch ihre Vertretung im Bundesrat verfügen die Landesregierungen ohnehin über zusätzliche Entscheidungskompetenzen. All dies veranlasst Kritiker immer wieder, vor einer Schwächung der Parlamente zu warnen. 

Laut Verfassung kann auch über ein Volksbegehren eine Gesetzesinitiative in den Landtag eingebracht werden. In der politischen Praxis haben die direktdemokratischen Beteiligungsverfahren, die eigentlich den bürgernahen Charakter der Landesverfassung betonen, bislang keine Rolle gespielt.  

Voraussetzung für eine Gesetzgebung direkt durch das Volk ist, dass mindestens ein Sechstel der Wahlbevölkerung - das sind derzeit rund 1,2 Millionen Menschen - einen ausgearbeiteten und begründeten Gesetzentwurf unterstützt. Dann muss dieser Gesetzentwurf von der Regierung dem Landtag vorgelegt werden. Stimmt der Landtag diesem Volksbegehren zu, so ist das Gesetz zustande gekommen. Stimmt der Landtag nicht zu und fordert eine Veränderung des Gesetzes, so muss das Gesetz und eine Alternative dem Volk zur Abstimmung vorgelegt werden. Das Gesetz ist durch Volksabstimmung dann zustande gekommen, wenn die Mehrheit der Abstimmenden, mindestens aber ein Drittel der Stimmberechtigten, zustimmt. Bei verfassungsändernden Gesetzen muss die Mehrheit der Stimmberechtigten zustimmen. Geregelt ist das Volksgesetzgebungsverfahren in den Artikeln 59 und 60 der Landesverfassung. 

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Kontrollfunktion

Parlamentarische Demokratien basieren auf dem Prinzip der Gewaltenteilung. Die Regierung (Exekutive) ist grundsätzlich der Kontrolle des gesamten Parlaments (Legislative) unterworfen. Andererseits ist eine erfolgreiche und stabile Regierung auf die parlamentarische Mehrheit der Mehrheits- oder Regierungspartei(en) angewiesen. Die Notwendigkeit der Kontrolle hat sich mit dem Bedeutungszuwachs der Regierung und der Verwaltung bei der Gesetzgebung noch verstärkt. Die  parlamentarische Kontrolle wird in besonderem Maße von der Opposition wahrgenommen.

Parlamentarische Mittel der Regierungskontrolle sind z.B. so genannte „Kleine“ und „Große Anfragen“, Abgeordnetenanträge und Untersuchungsausschüsse. 

Weitere Informationen zu den Kontrollmöglichkeiten

Die Landesverfassung gewährleistet also auf vielfältige Weise, dass die Regierung sich jederzeit vor dem Parlament verantworten muss. Ein herrschaftliches Regieren am Parlament vorbei soll so verhindert werden.

Das Plenum und die Landtagsausschüsse haben das Recht, Regierungsmitglieder herbeizuzitieren, damit diese dem Parlament Rede und Antwort stehen.

So kann jede:r Abgeordnete in der Fragestunde vor dem Plenum des Landtags kurze Mündliche Anfragen an die Regierung richten. Solche Anfragen - sie müssen der Präsidentin bzw. dem Präsidenten spätestens drei Tage vor der Sitzung vorliegen - werden von der Regierung ebenfalls vor dem Plenum kurz beantwortet. Darüber hinaus haben die Abgeordneten die Möglichkeit, im Rahmen einer Regierungsbefragung an die Landesregierung Fragen von aktuellem Interesse zu richten. Das Thema einer Frage und das für die Beantwortung zuständige Ministerium müssen die Fraktionen bis 17 Uhr am Vortag der Sitzung benennen.

Jedes Mitglied des Parlaments kann außerdem schriftlich sogenannte Kleine Anfragen einbringen, die von der Präsidentin bzw. dem Präsidenten an die Landesregierung weitergeleitet und von dieser innerhalb von drei Wochen schriftlich beantwortet werden. Große Anfragen werden von mindestens 15 Abgeordneten oder einer Fraktion zu politisch bedeutsamen Themen eingebracht und können - nach vorheriger schriftlicher Stellungnahme der Regierung - zu einer Debatte im Plenum führen.

Zu Themen von aktuellem und allgemeinem Interesse kann von einer Fraktion oder Gruppe eine Aktuelle Debatte vor dem Plenum beantragt werden.

Ein Mittel, aktuelle Themen im Parlament schnell zur Sprache zu bringen, ist auch der Dringliche Antrag, der in der jeweils nächsten Plenarsitzung behandelt werden muss. Dringlich sind Anträge, die Immunität eines Abgeordneten aufzuheben, dem Ministerpräsidenten bzw. der Ministerpräsidentin das Vertrauen zu entziehen, eine:n Minister:in zu entlassen oder einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Andere Anträge können vom Präsidium durch einen einmütigen Beschluss oder vom Landtagsplenum durch Mehrheitsbeschluss für dringlich erklärt werden.

Gebräuchliche Mittel der Einwirkung auf das Handeln der Regierung sind außerdem Anträge aus der Mitte des Hauses, die darauf abzielen, die Regierung um bestimmte Maßnahmen zu ersuchen. Zum Bereich der Regierungskontrolle gehören schließlich Untersuchungsausschüsse und die Beschlüsse des Landtags zu Petitionen. Schärfstes Mittel zur Kontrolle der Regierung ist ein Untersuchungsausschuss (Art. 35 der Verfassung).

Der Untersuchungsausschuss

Ein Viertel der Abgeordneten oder aber zwei Fraktionen können im Landtag einen Untersuchungsausschuss erzwingen, um ein mögliches Fehlverhalten der Landesregierung oder der ihr zugeordneten Verantwortungsbereiche zu untersuchen. Ein Untersuchungsausschuss besitzt gerichtsähnliche Aufklärungsbefugnisse. Dazu gehören der Zugang zu allen Einrichtungen des Landes und das Recht, bei Behörden Akten und Auskünfte anzufordern. Bei Gericht können Beschlagnahme- und Durchsuchungsanordnungen erwirkt werden. Zeugen und Sachverständige sind gesetzlich verpflichtet zu erscheinen; eine Falschaussage ist – wie vor Gericht – strafbar. Allerdings besteht mit dem erweiterten Aussageverweigerungsrecht auch ein besonderer Schutz für die Betroffenen.

Das Recht, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, gilt als die „schärfste Waffe“ parlamentarischer Kontrolle, die auch durch die Parlamentsminderheit genutzt werden kann. Das Parlament kann damit die Vorgänge im Verantwortungsbereich der Regierung genau beleuchten.

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Wahlfunktion

Der Ministerpräsident bzw. die Ministerpräsidentin wird vom Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder in geheimer Abstimmung gewählt. Anders als der Deutsche Bundestag hat der Landtag darüber hinaus bei der Bildung der Landesregierung ein erweitertes Recht: Er bestätigt mit seiner Mehrheit das Kabinett als Ganzes sowie einzelne Minister:innen, die im Lauf einer Legislaturperiode neu berufen werden.

Der Landtag wählt außerdem die Mitglieder und die Präsidentin bzw. den Präsidenten des Verfassungsgerichtshofs. Bei der Ernennung des Präsidenten des Landesrechnungshofs ist die Bestätigung durch den Landtag ebenso Voraussetzung wie bei der Ernennung des/der Landesbeauftragten für den Datenschutz.

Der Landtag kann dem Ministerpräsidenten das Vertrauen auch entziehen, indem er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt und die von diesem gebildete Regierung bestätigt.

 

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Repräsentations- und Artikulationsfunktion

Die Abgeordneten im Landtag repräsentieren das gesamte Volk, so die Verfassung. Der Landtag erhält damit eine Artikulations- und Repräsentationsfunktion, indem er den Willen der Bevölkerung, seine Meinungs- und Interessenvielfalt zum Ausdruck bringt. Die Aufgabe des Parlaments besteht darin, Interessengegensätze und Konflikte auszugleichen und zu regeln.
 

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Öffentlichkeits- und Debattenfunktion

Das Plenum ist das Forum der öffentlichen politischen Debatte und Legitimierung. In den Plenarsitzungen soll es nicht darum gehen, politische Kontrahenten argumentativ zu überzeugen – im Unterschied zu den Ausschüssen. Vielmehr sollen anstehende politische Entscheidungen und die dazu bestehenden unterschiedlichen politischen Positionen öffentlich dargestellt werden. Es besteht ein beträchtlicher Unterschied zwischen dem öffentlichen Schlagabtausch der Debatte und der sachorientierten politischen Arbeit in den Ausschüssen.

Oft werden die Medien als „vierte Gewalt“ beschrieben. Sie sollen die Bevölkerung informieren, politische Entscheidungen und Entscheidungsträger:innen kritisch beleuchten und damit eine gesellschaftliche Kontrollfunktion übernehmen. Politikerinnen und Politiker stehen in der Pflicht, Entscheidungen in der Öffentlichkeit zu begründen und Zustimmung dafür einzuwerben. Unter den Vorzeichen einer Mediendemokratie hängt politischer Erfolg deshalb stark von der Präsenz in den Medien ab. Wer politischen Einfluss ausüben will, benötigt dafür die mediale Öffentlichkeit. So ist ein wechselseitiges Tauschverhältnis entstanden: Politik braucht die Medien als öffentliche Bühne. Die Medien wiederum sind auf Informationen aus den politischen Entscheidungszentren angewiesen, um die nötige Aufmerksamkeit der interessierten Öffentlichkeit zu erhalten. Das Landtagsplenum tagt öffentlich und steht der medialen Berichterstattung offen. Hierin liegt auch sein Beitrag für die öffentliche Meinungsbildung. Im Übrigen werden die Plenardebatten live im Internet übertragen.

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Autor: Internetredaktion LpB BW | Letzte Aktualisierung: März 2022

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